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Verbot für Minderjährige kommt Lachgas - der riskante Sekundenkick aus dem Snackautomaten

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Aus bunten Ballons inhaliert, ist Distickstoffmonoxid vor allem unter Kindern und Jugendlichen zur beliebten Partydroge geworden.

Aus bunten Ballons inhaliert, ist Distickstoffmonoxid vor allem unter Kindern und Jugendlichen zur beliebten Partydroge geworden.

(Foto: picture alliance / ANP)

Lachgas ist zur beliebten Partydroge geworden - auch bei Kindern und Jugendlichen. Der Verkauf soll nun stark eingeschränkt werden. Doch was macht den Rausch so reizvoll? Und welche Risiken und Langzeitfolgen birgt der Konsum?

Es kommt in bunten Flaschen verpackt, schmeckt nach Erdbeere, Banane oder Mango und kann ganz einfach im Kiosk oder sogar an einigen Snackautomaten gekauft werden: Lachgas. Ursprünglich wurde Distickstoffmonoxid (N20) als medizinisches Narkosemittel und in der Lebensmittelindustrie verwendet - etwa in Sahnekapseln. Doch in den vergangenen Jahren hat es sich insbesondere unter Kindern und Jugendlichen als Partydroge etabliert. Meist wird das Gas aus kleinen Metallkapseln oder größeren Flaschen freigesetzt und in einen Luftballon gefüllt, aus dem es dann inhaliert wird.

"Der Konsum von Lachgas erzeugt einen kurz anhaltenden, euphorisierenden Effekt", erklärt Ralf Wischnewski von der Drogenhilfe Köln gegenüber ntv.de. "Sekunden nach dem Einatmen tritt ein leichter Rausch ein, der mit schwachen Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühlen einhergehen kann." Doch so schnell der Rausch kommt, so schnell sei er auch wieder vorbei. Der Zustand halte nur maximal eine Minute an. Unter anderem deshalb gelte Lachgas unter vielen Konsumentinnen und Konsumenten als gut steuerbar und ungefährlich. Doch der kurze Rausch verführe eben auch dazu, immer wieder zum Ballon zu greifen.

Obwohl das High nur wenige Sekunden lang andauert, bleiben die motorischen und kognitiven Fähigkeiten nach dem Konsum über einen längeren Zeitraum eingeschränkt, sagt Wischnewski. Das beeinträchtige unter anderem die Verkehrstüchtigkeit. Zu den kurzfristigen Nebenwirkungen gehören laut einem Bericht des Münchener Instituts für Therapieforschung (IFT) außerdem Schwindel und Verwirrtheit, Aggressivität, Erbrechen sowie Zustände von Angst und Panik.

In schwereren Fällen seien auch Bewusstlosigkeit und sogar bleibende Schädigungen im Gehirn möglich, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung. "Aus den Niederlanden werden darüber hinaus auch Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von Lachgas berichtet", so die Behörde.

Wischnewski ergänzt die Liste möglicher Langzeitfolgen um "Schädigungen des Nervensystems und des Knochenmarks mit Störungen bei der Blutbildung". Zudem könne regelmäßiger und häufiger Konsum zu psychischer Abhängigkeit führen.

Bundesregierung bringt Verbot auf den Weg

Bislang war Lachgas in Deutschland weitgehend frei verkäuflich - auch an Minderjährige. Zwar haben einige Kommunen Abgabeverbote für Kinder und Jugendliche beschlossen. Eine bundesweit einheitliche Regelung gibt es aber nicht. Das soll sich jetzt ändern.

Denn das Bundeskabinett brachte am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Gesundheitsministerin Nina Warken auf den Weg, der Erwerb und Besitz für Minderjährige untersagt. Verboten werden sollen generell der Online-Handel und der Kauf an Selbstbedienungsautomaten. "Vermeintlich harmlose Industriechemikalien dürfen nicht länger missbraucht werden", sagte die CDU-Politikerin.

Kommen sollen auch Beschränkungen für die Chemikalien Gamma-Butyrolacton (GBL) und 1,4-Butandiol. Sie sind als K.-o.-Tropfen bekannt, die in Getränke gegeben werden können. Nach einigen Minuten wird Opfern dadurch schwindelig, sie können das Bewusstsein verlieren. Täter nutzen die Zeit etwa für Sexualdelikte oder um Opfer auszurauben. Laut Entwurf sollen die Substanzen bezogen auf bestimmte Mengen unter ein "Umgangsverbot" für neue psychoaktive Stoffe fallen. Verboten werden die Herstellung, das Inverkehrbringen und der Handel.

Weil die Chemikalien verbreitet zu anderen Zwecken verwendet werden, sind Ausnahmen von Verkaufsverboten vorgesehen. Bei Lachgas sollen beispielsweise Kartuschen mit bis zu acht Gramm Füllmenge auf dem Markt bleiben können, die etwa zum Aufschäumen von Schlagsahne dienen. Das gilt auch für Fertigsprühsahne.

Der Entwurf kommt jetzt in den Bundestag, der das Gesetz beschließen soll. In Kraft treten sollen die Neuregelungen dann drei Monate nach der Verkündung - zum Vorbereiten von Umstellungen im Handel und an Automaten sowie von Altersprüfungen. Einen Entwurf für Verkaufsverbote hatte auch schon Warkens Amtsvorgänger Karl Lauterbach vorgelegt, er wurde aber nicht mehr umgesetzt.

Prävention und Opferschutz

Wischnewski begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung, mahnt aber auch, dass die Arbeit mit einem Verbot nicht getan sei. "Neben der geplanten Verkaufsregulierung [...] setzen wir auf gleichzeitige Aufklärung und Prävention." Hierfür hat die Drogenhilfe Köln eine eigene Unterrichtseinheit für Schulklassen konzipiert, in der über den Konsum und mögliche Risiken aufgeklärt wird.

Mit Blick auf die Beschränkung von K.o.-Tropfen sagte auch die grüne Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann, dass es neben der "richtigen und wichtigen" Regulierung auch "umfassende Präventionsarbeit, mehr Aufklärung und Bewusstsein in Bars und Clubs sowie einen wirksamen Opferschutz" brauche. Denn der Schutz von Betroffenen müsse letztlich Priorität haben.

Quelle: ntv.de

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