Oligarchen-Kunst auf Prüfstand Gemälde aus Morosow-Sammlung bleiben in Frankreich
11.04.2022, 11:54 Uhr (aktualisiert)
"Das Mittelmeer" von Pierre Bonnard - als Leihgabe der Eremitage in St. Petersburg kehrt es vermutlich zurück.
(Foto: picture alliance/dpa)
Meisterwerke der klassischen Moderne aus der russischen Morosow-Sammlung waren bis vor Kurzem in Paris ausgestellt. Zwei Gemälde bleiben nun wegen Russlands brutalem Angriffskriegs in Frankreich. Beim Großteil ist eine Beschlagnahmung aber kaum zu bewerkstelligen.
Wegen Russlands Angriffskriegs gegen die Ukraine bleiben zwei Gemälde der berühmten russischen Morosow-Sammlung nach einer Ausstellung vorerst in Frankreich. Ein Kunstwerk werde einbehalten, da es einem sanktionierten russischen Oligarchen gehöre, dessen Vermögenswerte eingefroren seien, teilte das französische Kulturministerium mit. Den Namen des Oligarchen nannte das Ministerium nicht. Es soll sich jedoch um Pjotr Awen, einen engen Vertrauten des russischen Staatschefs Wladimir Putin, handeln, wie aus mit dem Fall vertrauten Kreisen verlautete.
Ein weiteres Bild, das dem Museum der Schönen Künste im ukrainischen Dnipropetrowsk gehöre, bleibe auf Wunsch der ukrainischen Behörden in Frankreich, "bis die Lage im Land seine sichere Rückkehr ermöglicht". Der Fall eines dritten Gemäldes, das einer privaten Stiftung mit Verbindungen zu einem weiteren sanktionierten russischen Oligarchen gehört, werde derzeit geprüft.
Seit 1994 gilt der Unpfändbarkeits-Erlass
Schon vor dem Ende der Pariser Ausstellung der legendären Morosow-Sammlung mit rund 200 Werken von Cézanne, Monet, Matisse und Gauguin waren Rufe nach vorzeitiger Schließung der Schau und sogar nach Beschlagnahmung der Werke laut geworden. Der Grund: die russische Invasion in die Ukraine. Bei Gemälden in Privatbesitz ist das Einbehalten einfacher als bei solchen im Besitz der öffentlichen Hand. Seit 1994 schützt der sogenannte Unpfändbarkeits-Erlass (arrêté d'aliénation) Kulturgüter ausländischer Staaten und ausländischer öffentlicher Sammlungen vor Beschlagnahmungen und Zwangsversteigerung.
Vermutlich auch deswegen sollen die restlichen rund 200 Kunstwerke der Sammlung der Mäzene Iwan und Michail Morosow, die vor dem 1. Weltkrieg und der Oktoberrevolution als Sammler tätig gewesen waren, nun in russische Museen zurückkehren, etwa ins Moskauer Puschkin-Museum und die Eremitage in St. Petersburg.
Russische Sammler und Mäzene prägen seit Anfang 2000 die Kunstwelt. In den letzten Tagen traten mehrere aus Museumsgremien aus: Wladimir Potanin zog sich als Treuhänder aus dem Guggenheim-Museum zurück. Der Milliardär war ein bedeutender Unterstützer von Ausstellungen. Im Jahr 2016 schenkte er auch dem Pariser Centre Pompidou rund 250 Werke. Als Treuhänder der Royal Academy of Arts in London trat auch Pjotr Olegowitsch Awen zurück.
(Dieser Artikel wurde am Samstag, 09. April 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, mpe/dpa/AFP