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Indizien sprechen gegen Überfall Polizei nimmt Vater von getötetem Jungen fest

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Der Vater wurde jetzt festgenommen.

Der Vater wurde jetzt festgenommen.

(Foto: dpa)

Als der kleine Leon im vergangenen Jahr stirbt, sieht es zunächst nach den Folgen eines Überfalls aus. Doch schnell gerät der Vater des schwerbehinderten Jungen unter Verdacht. Monate später ist die Polizei überzeugt, genug Beweise beisammenzuhaben und nimmt den Mann fest.

Ende August 2022 erschreckt ein seltsamer Kriminalfall die Menschen in Tirol. Am 28. August spaziert ein Vater gegen 4 Uhr früh mit seinem sechsjährigen Sohn Leon im Kinderbuggy die sogenannte Redford-Promenade in St. Johann entlang. Die Uhrzeit ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Denn Leon leidet am seltenen Syngap-Syndrom und hat deshalb regelmäßig Schlafstörungen.

Gegen 5.20 Uhr findet ein Spaziergänger den Vater bewusstlos mit einer Platzwunde am Kopf. Der Buggy des Sechsjährigen ist leer, der Junge wird eine Stunde später auf einer Sandbank der Ache gefunden, er ist ertrunken.

Als der Vater wieder zu sich kommt, berichtet er, er sei von Unbekannten mit einer Flasche niedergeschlagen worden. Leon, bei dem vor Jahren ein äußerst seltener Gendefekt diagnostiziert wurde und der dadurch nie hätte sprechen können, könnte nach der Attacke auf seinen Vater selbstständig aus dem Kinderwagen gekrabbelt und ins Wasser gestürzt sein.

Unerwartete Wende

Für die Polizei klingt die Geschichte wenig glaubwürdig, sie verdächtigt auch den Vater. Seitdem wurde ermittelt, der unbekannte Angreifer konnte weder identifiziert und schon gar nicht gefasst werden. Nun teilen die Ermittler mit, dass Leons Vater unter Tatverdacht festgenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck gehe aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse "von einem dringenden Verdacht des Mordes und der Vortäuschung einer Straftat aus", heißt es in einer Mitteilung. Der Verteidiger des Mannes sagte der österreichischen "Kronen-Zeitung": "Er wird beschuldigt, seinen Sohn umgebracht und in die Ache geworfen zu haben, um ihn von seinem Leid zu erlösen." Sein Mandant bestreite das aber "vehement". Der Vorwurf sei "absurd", er habe seinen Sohn geliebt.

Der Verteidiger betont, er sehe keine Beweise gegen seinen Mandanten, lediglich Indizien. Seinem Mandanten werde vorgeworfen, die Flasche, mit der er niedergeschlagen wurde, selbst im Kinderwagen mitgeführt zu haben. Die Polizei beruft sich dabei auf das Video einer Überwachungskamera, darauf würden die Ermittler die im Buggy liegende Flasche erkennen.

Zudem soll Leons Vater, der aus Hessen stammt, sein Handy selbst in einen Mülleimer am Tatort geworfen haben. Die letzte Speicherung des Schrittzählers, der am Mobiltelefon installiert gewesen sei, liege demnach zwei Stunden vor dem Auffinden des Mobiltelefons zurück. Dem Verteidiger zufolge gebe es aber kriminalpolizeiliche Ergebnisse, dass sein Mandant "eine halbe Stunde das Handy in Betrieb hatte und damit im Internet war". Dieses Indiz bedürfe somit einer technischen Überprüfung, erläuterte Stanglechner.

Geschilderter Tathergang nicht plausibel

Ein Sachverständigen-Gutachten in Bezug auf die Verletzungen des Vaters habe zudem Zweifel am geschilderten Tatverlauf ergeben. Die gemessene Körpertemperatur des Vaters bei der Erstversorgung sei zu hoch dafür gewesen, als dass er lange dort gelegen habe. Dem Verteidiger zufolge habe niemand behauptet, dass er lange dort gelegen habe.

Auch das vermutete Motiv hält der Verteidiger für nicht stichhaltig. Leons Erkrankung habe sich im Laufe der Zeit gebessert. Die Eltern hätten "viele Wege gefunden, damit umzugehen - und das ist ihnen auch gelungen." Sie fühlten sich mittlerweile lange nicht mehr so alleine gelassen wie früher, sagte der Verteidiger der Zeitung. Es habe sogar Hoffnung auf Heilung des Syngap-Syndroms gegeben, das aufgrund eines genetischen Defekts zu Entwicklungsverzögerungen, epileptischen Anfällen und motorischen Einschränkungen führt. "Daran haben sich die Eltern festgehalten, das war ihr Antrieb und ihr Optimismus", sagte Stanglechner. Die Familie hatte Leons Erkrankung mit einer Internetseite begleitet und dort auch Spenden für die Forschung eingeworben.

Bis zum Donnerstag soll über die Verhängung einer Untersuchungshaft für den Vater entschieden werden.

Quelle: ntv.de, sba

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