Mehr als 360 Erpressungsversuche Polizei schnappt den "Postkartenerpresser"
21.12.2023, 15:08 Uhr Artikel anhören
Josef Ischwang, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Kempten, zeigt eine der Karten.
(Foto: dpa)
Über Jahrzehnte hinweg gehen immer wieder Postkarten bei Unternehmen ein, auf denen mit der Explosion von Briefbomben gedroht wird. Doch es kommt nie zur Geldübergabe und auch Sprengsätze explodieren nicht. Jetzt gelingt es, den Urheber der Karten ausfindig zu machen.
Nach mehr als 30 Jahren ist es der Polizei gelungen, eine Serie von Erpressungsversuchen aufzuklären. Ein inzwischen 70 Jahre alter Mann wurde als Tatverdächtiger identifiziert. Er soll mit Postkarten versucht haben, Unternehmen zu erpressen. Die Polizei im bayerischen Kempten verkündete die Aufklärung der Tatserie des von Hannover in Niedersachsen aus bundesweit agierenden Mannes gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Kempten.
Insgesamt sind im Bundesgebiet der Polizei zufolge seit 1992 über 360 Taten bekannt, bei denen ein unbekannter Erpresser per Postkarte ankündigte, dass eine Briefbombe explodiere, wenn kein Geld bezahlt werde. Anfang April ging dann bei einem Lebensmittelhersteller im Ostallgäu eine weitere Postkarte mit einer Drohung und Geldforderung über 500.000 Euro ein. Zwei Tage später ging bei einem Hotel im Oberallgäu zudem eine Postkarte gleichen Inhalts ein.
In der Annahme, dass der Mann auch andere Post verschickt, ließen die Beamten in Niedersachsen Postsendungen in einem Verteilzentrum überwachen. Auf die Spur des Tatverdächtigen kamen die Ermittler demnach über weitere private Postkarten mit identischer Handschrift. Darauf waren Absenderdaten vorhanden. Die Polizisten in Kempten konnten schließlich den 70-Jährigen als Urheber der Karten identifizieren. Mithilfe von DNA-Tests konnten ihm laut Polizei und Staatsanwaltschaft rund 70 der Taten zugeordnet werden, die Ermittlungen laufen aber noch.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Mannes in Hannover führte die Polizei den Angaben zufolge eine eindringliche Gefährderansprache bei dem Senior durch. Seither seien keine weiteren Fälle bekannt geworden, hieß es weiter. Einen Haftbefehl hat die Staatsanwaltschaft gegen den mutmaßlichen Erpresser nicht beantragt, weil es keine Fluchtgefahr gebe.
An der Ernsthaftigkeit der Erpressungsversuche gibt es allerdings große Zweifel. So machte der Mann laut Ermittlern nie Angaben zur Geldübergabe. "Das Motiv ist noch völlig unklar", sagte Josef Ischwang, der Leiter der Kemptener Kriminalpolizei. Der Mann habe auf seinen Karten nicht nur keine Modalitäten zur Geldübergabe genannt. Er habe auch nach dem Versand der Postkarte keinen weiteren Kontakt zu den Unternehmen aufgenommen.
Quelle: ntv.de, sba/AFP/dpa