
Mit der richtigen Strategie müssen schwierige Themen nicht im Konflikt enden.
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Schwierige Themen anzusprechen, erfordert jede Menge Fingerspitzengefühl. Denn: Geht man unüberlegt vor, droht man, sein Gegenüber zu verletzen. Damit der Balanceakt gelingt, ist es entscheidend, vier Punkte zu beachten.
Der neue Partner der besten Freundin ist unerträglich, der Kollege, neben dem man sitzt, riecht oft nach Schweiß und das Gejammer der Schwiegermutter über die immer gleichen Themen treibt einen bei jedem Besuch in den Wahnsinn. All dies sind Probleme, die einen im Alltag belasten können. Sie anzusprechen, kostet Überwindung und kann im schlimmsten Fall in einem Streit enden - wenn man es falsch macht. Wie man heikle Themen trotzdem anspricht, ohne eine unangenehme Situation zu riskieren oder das Gegenüber zu verletzen, weiß Paar- und Familienberaterin Ruth Marquardt.
Punkt 1: Schwierige Themen immer aktuell ansprechen
"Sprechen Sie heikle Themen zeitnah an. Je eher sie die Situation benennen, desto weniger Druck baut sich auf und desto besser können sich alle an die Situation erinnern. Dinge, die wir schon seit Monaten oder Jahren vor uns herschieben hat Ihr Gegenüber womöglich längst vergessen." Allerdings sollte das Gespräch auch nicht zwischen Tür und Angel stattfinden, warnt Marquardt. Es sei wichtig, dass man mit den Problemen nicht plötzlich vorwurfsvoll oder aggressiv herauspoltert, weil man seit Wochen oder Monaten genervt ist. "Genau das ist nicht hilfreich." Besser: Einen ruhigen Moment unter vier Augen wählen.
Punkt 2: Immer konkret formulieren
Hierbei sei es laut Marquardt wichtig, genau das zu formulieren, was man konkret in der Situation, die man besprechen möchte, beobachtet hat. "Formulieren Sie genau das. Nichts aus der Vergangenheit oder von vor drei Jahren." Wichtig sei zudem, dass man nicht lange um den heißen Brei herum redet. "Einfach und direkt - allerdings in einem passenden Moment - transportiert sich eine Botschaft, die uns möglicherweise unangenehm ist, am besten", rät die Expertin.
Am Beispiel des müffelnden Kollegen oder der Kollegin sollte man also statt zu sagen "Du riechst immer unangenehm" lieber folgendes formulieren: "Mir ist in den letzten Tagen aufgefallen, dass ich einen unangenehmen Geruch bei dir wahrgenommen habe."
Punkt 3: Freundlich bleiben
Begegnet man seinem Gegenüber mit einem inneren Lächeln und Verständnis, kann das sowohl die eigene Ausstrahlung als auch den Tonfall beeinflussen. "Im direkten Gespräch, am besten mit Augenkontakt und einer Haltung von Freundlichkeit, können wir Kritik besser annehmen", weiß Marquardt. Zusätzlich sei eine höfliche und achtsame Ansprache wichtig, beispielsweise einleitend mit den Worten: "Darf ich dich auf etwas hinweisen, was mir aufgefallen ist?" So hat das Gegenüber die Möglichkeit, zuzustimmen. Anschließend kann man sein Anliegen formulieren.
Punkt 4: In Ich-Botschaften sprechen
Gut sei es ebenfalls, mit einer Ich-Botschaft zu beginnen und die Wahrnehmung als die eigene und nicht als kollektive zu kennzeichnen. So könne man ganz simpel mit „Mir ist aufgefallen“ starten. Oder - wenn es sich anbietet - eigene Schwächen zugeben und sich mit dem Gegenüber solidarisieren: "Weil mir das schon einmal so gegangen ist, war ich froh, dass mich jemand darauf angesprochen hat."
"Das schafft eine Verbindung, die hilft, die unangenehme Nachricht anzunehmen", weiß die Paarberaterin. "Wir fühlen uns weniger vor den Kopf gestoßen oder allein mit dem Thema. Ein wenig Höflichkeit und die Frage, was man sich selbst in so einer Situation wünschen würde, kann helfen, ganz eigene Formen der Formulierung zu finden."
Nicht zu empfehlen sei es, andere mit in die Argumentation zu holen, die ähnlich denken. Fügen wir hinzu, dass beispielsweise auch schon "anderen im Büro" etwas aufgefallen sei, verkomplizieren wir die Sache unnötig. "Für den Menschen, mit dem wir 1 zu 1 sprechen, kann dann schnell der Eindruck entstehen, dass schon über ihn gesprochen wurde. Das führt zu einem Gefälle, zu einem Ungleichgewicht, einer gegen viele - und wer will das schon?" Hinzukommt, dass wir unser Gegenüber damit beschämen, weil es sich fragt, wer schon alles informiert ist, mit wem schon gesprochen wurde. "So entsteht große Unsicherheit und genau diese Unsicherheit kann Ihre freundschaftliche Beziehung zueinander massiv angreifen", sagt Marquardt.
Der Grund, warum viele dennoch dazu neigen, andere mit als "Zeugen" aufzuführen, sei übrigens, dass sie sich selbst unsicher dabei fühlen, die unangenehme Botschaft zu überbringen. Sie geben sich selbst allein nicht die Autorität, zu ihrer Empfindung, ihrer Beobachtung auch mutig zu stehen. So werde Autorität dann von anderen „geborgt“. Allerdings weiß Marquardt: "Der Schuss geht leider fast immer nach hinten los."
Quelle: ntv.de