Familie und Wissenschaft wichtig Studie: Religion bot Menschen in der Pandemie kaum Halt
02.03.2023, 07:55 Uhr Artikel anhören
Desinfektionsmittel gehörte in der Corona-Pandemie bei öffentlichen Gottesdiensten dazu.
(Foto: picture alliance/dpa)
In krisenhaften Zeiten wenden sich viele Menschen grundsätzlich Religionen zu. Das war laut einer Umfrage in der Corona-Pandemie anders. Deutsche suchen stattdessen Halt in der Familie, der Wissenschaft oder der Nachbarschaft. Allerdings ist der Trend auch in vielen anderen Ländern zu erkennen.
In der Pandemie hat sich Religion einer Befragung zufolge bei der Krisenbewältigung nur für einen kleineren Teil der Bevölkerung als hilfreich erwiesen. Rund ein Drittel der 4363 bundesweit repräsentativ Befragten gab an, sich in der Corona-Krise verstärkt mit Fragen nach dem Sinn des Lebens beschäftigt zu haben.
Wie weiter aus dem "Religionsmonitor 2023" der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht, gaben den meisten Menschen in der Krise Familie und Wissenschaft Halt und Orientierung. Unter den im Sommer 2022 Befragten war die Familie für 90 Prozent "eher hilfreich" oder "sehr hilfreich" für die Pandemie-Bewältigung. Rund 85 Prozent sagten das mit Blick auf die Wissenschaft, 81 Prozent zum Gesundheitssystem. Die Nachbarschaft wurde ebenfalls von vielen (74 Prozent) als hilfreich angesehen. Aber nur 48 Prozent schrieben dies der Politik und sogar nur 29 Prozent der Religion zu.
Im europäischen Ländervergleich - etwa Spanien, Frankreich oder Großbritannien - zeigten sich ähnliche Muster, hieß es in der Veröffentlichung. Religion gebe in der Krise vor allem den Menschen Kraft, die schon vor der Pandemie religiös waren.
Gläubige vertrauen auf Krisenbewältigung
Als positives Ergebnis hält die Stiftung fest: Fast neun von zehn Personen in Deutschland zeigten sich zuversichtlich, auch diese Krise zu überstehen. Und drei Viertel gaben an, sich während der Pandemie mehr für andere engagiert zu haben. Religiöse Menschen seien in dieser Gruppe überproportional häufig vertreten. "Glaube ist also offenbar auch eine soziale Kraft", heißt es in der Studie. Beim Blick in die Zukunft wurde zudem deutlich, dass inzwischen noch vor Infektionskrankheiten und Pandemien zu den größten Sorgen der Menschen Krieg, globale Armut und der Klimawandel gehören.
Der "Religionsmonitor 2023" war in Teilen schon im Dezember vorgestellt worden und hatte auch ergeben, dass die christlichen Kirchen angesichts anhaltend sinkender Mitgliederzahlen weiter an gesellschaftlicher Bedeutung eingebüßt haben.
Mit dem "Religionsmonitor" untersucht die Bertelsmann Stiftung seit 2008 Länder-vergleichend die Rolle von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Für den aktuellen "Religionsmonitor 2023" waren insgesamt 10.657 Menschen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Polen sowie den USA befragt worden. Im Sommer 2022 hatten sich in Deutschland 4363 Menschen ab 16 Jahren beteiligt. Die Datenerhebung führte das INFAS Institut für angewandte Sozialwissenschaften durch.
Quelle: ntv.de, als/dpa