Panorama

Nach Ungarn Verfassungsgericht: Auslieferung linksextremistischer Person unzulässig

Maja T. wurde Ende Juni vergangenen Jahres zunächst den österreichischen und kurz darauf den ungarischen Behörden übergeben.

Maja T. wurde Ende Juni vergangenen Jahres zunächst den österreichischen und kurz darauf den ungarischen Behörden übergeben.

(Foto: Screenshot: Ungarische Polizei)

Im Juni vergangenen Jahres wird eine non-binäre linksextremistische Person aus Deutschland nach Ungarn ausgeliefert. Die dortigen Behörden werfen ihr Angriffe auf Vertreter der rechtsextremen Szene vor. Das Karlsruher Gericht erklärt die Maßnahme nun für nicht berechtigt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslieferung der non-binären linksextremistischen Person Maja T. nach Ungarn für unzulässig erklärt. Das für die Entscheidung zuständige Berliner Kammergericht habe die Haftbedingungen in Ungarn unzureichend aufgeklärt, erklärte das Karlsruher Gericht.

Maja T. rügte in ihrer Beschwerde unter anderem eine Verletzung ihres Rechts aus Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Der Artikel beinhaltet, dass niemand der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Das Urteil ist auch politisch brisant, weil das Bundesverfassungsgericht den schriftlichen Zusagen der ungarischen Behörden ausdrücklich nicht glaubt, dass non-binäre Personen keine Diskriminierung oder Gewalt in ungarischen Gefängnissen zu befürchten haben.

Am 27. Juni 2024 hatte das Kammergericht Berlin die Auslieferung von T. nach Ungarn für zulässig erklärt. Obwohl bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig war, wurde die Person in der folgenden Nacht durch LKA-Beamte aus Sachsen den ungarischen Behörden übergeben. Eine am 28. Juni ergangene einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, welche die Überstellung bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagte, kam zu spät.

Für die Situation von T. ändert sich durch das Urteil vorläufig nichts. Obwohl die Person erfolgreich Rechtsmittel gegen ihre Auslieferung eingelegt hat, werden Haft und Verfahren in Ungarn fortgesetzt, da die deutschen Behörden durch ihr Handeln Tatsachen schufen, bevor der Rechtsweg endgültig ausgeschöpft war.

Italien verweigerte bereits Auslieferung

Die Karlsruher Entscheidung sei juristisch "ein großer Erfolg", teilte Anwalt Richwin mit. Tragischerweise werde sie Maja aber nicht ohne Weiteres aus der Isolationszelle führen. Er hoffe, dass die ungarischen Behörden jetzt zumindest Hafterleichterungen gewähren. Der Prozess soll am 21. Februar in Budapest beginnen. Gegen ein Geständnis ohne weitere Verhandlung seien Maja 14 Jahre Haft angeboten worden, schilderte der Anwalt. Lasse Maja sich darauf nicht ein, könne das Verfahren noch Jahre dauern.

Bei einer Verurteilung drohten sogar bis zu 24 Jahre Haft - viel mehr als in Deutschland möglich. Ungarn hat bereits zugesagt, dass Maja danach zurück nach Deutschland überstellt werde. Dann könnte die Person die Strafe in Deutschland verbüßen.

Im Nachgang an die ursprüngliche Entscheidung des Berliner Gerichts hatte es bereits enorme Kritik gegeben. Der Vorwurf stand im Raum, dass es in dem von Viktor Orbán regierten Ungarn kein rechtsstaatliches Verfahren gegen eine non-binäre Person geben würde, der linksextremistische Taten vorgeworfen werden.

Dass diese Vermutung nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigte der ähnlich gelagerte Fall der italienischen Lehrerin Ilaria S. Mehrfach wurde das Verfahren gegen die linke Aktivistin vor einem ungarischen Gericht als Schauprozess kritisiert. Zudem schockierten die teils menschenunwürdigen Haftbedingungen die italienische Öffentlichkeit. Vor dem Hintergrund dieses Falles hatte Italiens Justiz ein weiteres Auslieferungsersuchen aus Ungarn erst kürzlich abgelehnt

Die ungarischen Behörden werfen T. vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, deren Ziel es gewesen sein soll, Sympathisanten der extremen Rechten anzugreifen. Konkret geht es um einen Vorfall im Februar 2023. T. soll an Überfällen auf Teilnehmer eines rechtsextremen Gedenkmarsches in Budapest beteiligt gewesen sein.

Quelle: ntv.de, lme/AFP/rts/dpa

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