"Persönliche Herausforderung"Wall-Mord lässt Rechtsmedizinerin nicht los

Im Mordfall der schwedischen Journalistin Kim Wall waren die Aussagen der Rechtsmedizinerin Christina Jacobsen extrem wichtig. Ohne sie wäre Peter Madsen vielleicht nicht verurteilt worden. Nun berichtet die Ärztin, wie schwierig ihre Arbeit war.
Christina Jacobsen ist Rechtsmedizinerin in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, normalerweise findet ihre Arbeit weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. In diesem Jahr war das anders, denn Jacobsen untersuchte den Leichnam der schwedischen Journalistin Kim Wall und sagte als Gutachterin in dem Prozess gegen den U-Boot-Bauer Peter Madsen aus.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Aussage wurde Madsen schließlich wegen Mordes verurteilt. Nun hat sich Jacobsen in der dänischen Ärzte-Wochenzeitung "Ugeskriftet" über die Herausforderungen in diesem Fall geäußert. Der Fall sei besonders schwierig gewesen, weil die gefundenen Körperteile so lange im Wasser gelegen hatten, sagte die Oberärztin am Institut für Rechtsmedizin der Universität Kopenhagen.
Schon bevor sie mit dem Fall befasst war, sei ihr die Entwicklung merkwürdig vorgekommen. Sie habe aber gehofft, dass Wall doch noch lebend gefunden wird. "Aber ich wusste auch, dass wenn sie (Wall) tot ist und ins Meer geworfen wurde, sie irgendwann angespült werden würde." Darauf habe sie gewartet.
Stiche nicht zu übersehen
Als dann der Leichenfund gemeldet wurde, seien sofort Zweifel an Madsens Schilderungen aufgekommen. Sie habe sofort gesehen, dass Wall nicht einfach über Bord gefallen war. Der Körper sei mit Metallgegenständen beschwert worden und habe atypischen Verletzungen aufgewiesen. Professionell sei die Autopsie eine Herausforderung gewesen. "Deshalb war es wichtig, dass wir extrem systematisch vorgehen, sodass keine Beweise verloren gingen", erzählte Jacobsen.
Als erstes seien Gewebeproben entnommen worden. Die Stiche an der Vorderseite des Torsos und den Genitalien seien deutlich gewesen. Es sei zudem festgestellt worden, dass die Stichverletzungen dem Opfer zu verschiedenen Zeiten zugefügt wurden. Nachdem weitere Körperteile gefunden wurden, setzte sich das Puzzle langsam zusammen.
Im Prozess sagte die Rechtsmedizinerin aus, dass sich die Todesursache der Journalistin nicht mit 100-prozentiger Sicherheit feststellen lasse. Wall könnte stranguliert oder enthauptet worden sein. Die Autopsie habe jedoch mit Sicherheit ergeben, dass gegen sie Gewalt angewendet wurde. Jacobsen betonte, sie sei froh gewesen, dass Walls Eltern bei ihrer Aussage nicht anwesend waren, weil sie auf deren Empfindungen keine Rücksicht hätte nehmen können.
Selbst nach dem Urteil gegen Madsen habe sie noch überprüft, ob sie irgendetwas übersehen hatte. Sie sei in diesem Fall an ihre Grenzen gestoßen. In Dänemark lebten die meisten ein sehr privilegiertes Leben, dann sei ein Fall wie dieser schon sehr extrem. Aber er habe ihr deutlich gemacht, "dass die Dinge manchmal komplexer sind, als man sich vorstellen kann".