Bei steigenden Corona-Zahlen Wie heftig wird die Grippesaison?
13.10.2022, 13:08 Uhr
In Australien waren 50 Prozent der Influenza-Erkrankten Kinder unter 16 Jahren.
(Foto: IMAGO/Westend61)
Der Herbst ist da und mit ihm beginnt auch die Grippesaison. Wegen der Corona-Maßnahmen war die in den letzten zwei Jahren kaum spürbar. Doch in diesem Winter könnte die Grippe zurückkehren - und womöglich früher und heftiger als sonst.
Keiner kann genau vorhersagen, wie sich in diesem Jahr die Grippeviren ausbreiten werden. Und auch keiner weiß, wie sich die Zahlen der Sars-CoV-2-Infizierten in den nächsten Monaten entwickeln. Fest steht aber: Wird es draußen kälter, dann steigen auch die Erkrankungsfälle. Der Grund ist die kalte Luft, die kann nämlich weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme. Hinzu kommt, dass sich Menschen wegen der Kälte länger in Räumen aufhalten, die beheizt werden. Die kalte Luft, die von draußen hereinkommt, bringt aber kaum Feuchtigkeit mit sich, sodass es vor allem in Räumen sehr trocken werden kann.
In dieser Trockenheit halten sich Aerosole, in denen sich die Viren befinden, länger in der Luft. Gleichzeitig werden die Schleimhäute der Atemwege, die als Eintrittspforte für Grippe- und Corona-Viren, aber auch für eine Reihe von Bakterien gelten, trockener als sonst. An trockenen Schleimhäuten können Krankheitserreger leichter anhaften und schließlich in die Zellen eindringen. Das ist der Beginn einer Infektion. Die Corona-Maßnahmen, wie das Tragen von Masken oder die Abstandsregelungen, haben es in den vergangenen beiden Wintern den Krankheitserregern schwer gemacht. Doch das könnte sich mit dem Wegfall der Maßnahmen in diesem Jahr ändern.
Blick geht nach Australien
Um eine Prognose für die Grippesaison 22/23 hierzulande zu machen, geht der Blick der Fachleute auch auf die andere Seite der Welt. In Australien ist die Grippesaison bereits vorüber. Die offiziellen Zahlen zeigen, dass es dort 2022 eine Grippewelle gegeben hat, die ungewöhnlich früh Spitzenwerte erreichte, also bereits Ende Mai bis Anfang Juli statt sonst im Juli und August. Bis zum 31. Juli bestätigte das National Notifiable Diseases Sureveillance System zudem 212.573 Fälle und damit die höchste Zahl an Grippefällen seit fünf Jahren. Mehr als 50 Prozent der Grippefälle betrafen Kinder unter 16 Jahren. Bei ihnen verlief die Erkrankung in der Regel aber weniger schwer.
Doch insgesamt handelt es sich um eine weitgehend normale Grippewelle in Australien. Das sieht auch Professor Carsten Watzl, so: "Letztendlich war das eine Grippewelle, wie in den Vorjahren auch, also nichts Besonderes. Davon würde ich im Moment auch ausgehen, dass wir jetzt wieder Grippefälle sehen werden. Man kann nur hoffen, dass es nicht zu stark wird", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie in einem SWR-Interview dazu.
"Wie gut Deutschland durch die Influenzasaison 2022/2023 kommen wird, hängt primär von den Impfquoten ab. Und diese sind in den Risikogruppen leider weiterhin zu niedrig", sagte Sabine Wicker, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes am Universitätsklinikum Frankfurt, der dpa zufolge. Wicker ist Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der STIKO-Arbeitsgruppe Influenza. Besonders niedrig sei die Quote bei Schwangeren mit 23 Prozent in der Saison 2020/21 ausgefallen. Wicker betonte, sie halte die Influenza-Impfung trotz der Nicht-Vorhersagbarkeit der Schwere der Welle in diesem Jahr für besonders wichtig.
Impfung erstmals auch in Apotheken
Auch Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, appellierte auf einer Veranstaltung Mitte September dieses Jahres an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen: "Es gibt gute Gründe, sich im Herbst impfen zu lassen. Erstens ist die Pandemie noch nicht vorbei, und wir sollten alles tun, zusätzliche Belastungen durch weitere Infektionskrankheiten zu vermeiden. Und zweitens dürfte das Risiko für eine Ansteckung mit Grippe diesen Herbst für viele größer sein, weil das Immunsystem nach zwei Jahren mit niedrigen Grippezahlen auf den Erreger nicht gut vorbereitet ist."
Seit Ende September werden die Grippeschutzimpfungen bereits ausgeliefert. Mit 22 Millionen Impfdosen hat das Paul-Ehrlich-Institut ungewöhnlich früh, ungewöhnlich viele Impfdosen freigegeben. Insgesamt sollen es 28 Millionen für diese Saison werden. Die ersten Menschen in Deutschland haben ihre Grippeschutzimpfung bereits bekommen, manche davon auch in Apotheken. Denn diese dürfen in dieser Saison erstmals bei entsprechender Ausstattung und nach ärztlicher Schulung auch die Immunisierung durchführen. Mit diesem Modellprojekt soll es für gesetzliche krankenversicherte Bürgerinnen und Bürger noch leichter werden, sich gegen Grippe impfen zu lassen.
Quelle: ntv.de