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"Brückenbooster zündet nicht" Zustand vieler Autobahnbrücken ist "ungenügend"

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An der A45 in NRW müssen etliche Brücken saniert werden.

An der A45 in NRW müssen etliche Brücken saniert werden.

(Foto: picture alliance / ZB/euroluftbild.de)

Die Infrastruktur in Deutschland leidet seit Langem unter fehlenden Investitionen. Viele Brücken sind in einem "ungenügenden" Zustand und müssten dringend saniert werden. Doch das Turbo-Programm der Regierung scheint keine Ergebnisse zu bringen - die Bauwirtschaft findet deutliche Worte.

Viele Autobahnbrücken in Deutschland sind nach einer Datenauswertung von Bauexperten in einem bedenklichen Zustand. 43 Autobahnbrücken mit einer Länge von mehr als 50 Metern hätten einen "ungenügenden" Zustand, heißt es in einer Analyse der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken. Das bedeute, die Standsicherheit, die Verkehrssicherheit oder beides seien erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben.

Die Politik und die Autobahngesellschaft des Bundes müssten jetzt handeln, so Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft. "Gerade bei Autobahnbrücken dürfen wir uns nicht darauf verlassen, dass das nächste Unglück so glimpflich verläuft wie der Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden."

Die Bundesgütegemeinschaft hat nach eigenen Angaben von 3786 Autobahnbrücken mit mindestens 50 Meter Länge diejenigen identifiziert, die deutschlandweit die schlechtesten Zustandsnoten haben. Die Untersuchung stützte sich auf die regelmäßig von der Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlichte Brückenstatistik.

Die meisten kaputten Brücken in NRW

Demnach stehen von den 100 am schlechtesten bewerteten Brücken mit einer Länge von mindestens 50 Metern die meisten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Diese Länder zählen mit Niedersachsen zu den Bundesländern mit den meisten Autobahnbrücken insgesamt.

Die Bewertung basiert auf Zustandsnoten, die akute Schäden und Abnutzungserscheinungen angebe. Zudem gibt es den sogenannten Traglastindex, der die Leistungsfähigkeit der Brücke gemessen an Alter und Material bewerte.

Von den 3786 Autobahnbrücken mit einer Mindestlänge von 50 Metern hätten 1382 die Zustandsbewertung "noch ausreichend" bekommen, bei 378 werde der Bauwerkszustand als "nicht ausreichend" bewertet. Jede fünfte von Deutschlands 100 am stärksten angeschlagenen Autobahnbrücken stehe in NRW.

Brückenbauer leiden unter Auftragsmangel

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte im März 2022 ein Maßnahmenpaket für eine schnellere Brückenmodernisierung vorgelegt. Bei vielen Brücken hat die intensive Beanspruchung in den vergangenen Jahrzehnten Spuren hinterlassen, vor allem durch den zunehmenden Schwerverkehr. In den kommenden Jahren sollen 400 Brücken pro Jahr saniert werden. Überregional wurde etwa die Autobahnbrücke Rahmede an der Sauerlandlinie (A45) bekannt. Sie wurde wegen schwerer Schäden gesperrt und wurde inzwischen gesprengt. Geplant ist ein Neubau.

Aus der Baubranche gibt es an der Umsetzung von Wissings Vorhaben allerdings Kritik. "Sein Brückenbooster zündet aber nicht. Wir sind aktuell gerade mal bei der Hälfte", sagte der Präsident der Deutschen Bauindustrie Peter Hübner der FAZ. Schuld daran ist aus seiner Sicht das fehlende Geld. "Der Bund stellt nicht genug Mittel für Planung und Bau zur Verfügung. Das können Sie jeden Tag sehen: Wenn das Geld fehlt, werden Brücken abgelastet und Spuren reduziert und der Verkehr dorthin geleitet, wo die Brücke noch die höchsten Lasten tragen kann."

Die Bauwirtschaft selbst könnte laut Baupräsident deutlich mehr stemmen im Bereich der Brücken. "Die Brückenbauer leiden seit Jahren unter Auftragsmangel. Und die Unternehmen wissen nicht, wie es weitergehen soll. Wie sollen sie denn planen, wenn der Bund ankündigt, 400 Brücken im Jahr zu sanieren oder neu zu bauen, dann aber gerade mal die Hälfte davon umsetzt", so Hübner. "So flexibel ist die Bauwirtschaft nicht, vor allem dann nicht, wenn die Politik immer sagt, wir sollen mehr Kapazitäten aufbauen. Die müssen aber auch bezahlt werden."

Quelle: ntv.de, lme/dpa

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