Grüne einigen sich mit FDP Ampel steigt aus Energiecharta aus
11.11.2022, 21:31 Uhr
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge lobt den Ausstieg als "Meilenstein".
(Foto: picture alliance/dpa)
Bei Umweltschützern ist die internationale Energiecharta unbeliebt: Mit ihrer Hilfe konnten Konzerne sich etwa Ölbohrrechte erklagen oder den Atomausstieg anfechten. Die Ampel beschließt auf Druck der Grünen nun den Ausstieg. Dafür bekommt die FDP grünes Licht für das CETA-Handelsabkommen.
Die Ampel-Koalition will aus einem umstrittenen internationalen Energieabkommen aussteigen, um den Klimaschutz voranzubringen. Geplant sei, wie es Frankreich oder die Niederlande schon getan haben, zügig aus der sogenannten Energiecharta auszutreten. Das teilten Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP am Abend mit. Das 1998 in Kraft getretene Abkommen soll Investitionen in Energieprojekte schützen und steht bei Umweltorganisationen schon länger in der Kritik. Es erlaubt Investoren etwa Klagen gegen Staaten vor Schiedsgerichten. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge lobte den jetzigen Schritt als "Meilenstein".
Zugleich einigten sich Abgeordnete der Regierungsfraktionen darauf, das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA schnell zu ratifizieren. Das entsprechende Gesetz soll in der am 28. November beginnenden Bundestagssitzungswoche aufgesetzt werden. Die beiden Themen sind offenbar ein Kompromiss der Koalition: Aus FDP-Kreisen verlautete, der Ausstieg aus der Energiecharta sei Teil einer Gesamteinigung, um die CETA-Ratifizierung zu erreichen. Hier waren die Grünen zuvor kritisch.
EU-Reform gescheitert
Die EU wollte sich eigentlich dafür einsetzen, die Energiecharta zu reformieren. Auch im Koalitionsvertrag steht: "Wir setzen uns für eine Reform des Energiecharta-Vertrages ein." Das Verhandlungsergebnis habe die Erwartungen allerdings nicht ausreichend erfüllt, erklärten die Abgeordneten Verena Hubertz von der SPD, Andreas Audretsch von den Grünen und Lukas Köhler von der FDP. Das sei auch auf ein unzureichendes Verhandlungsmandat der EU-Kommission zurückzuführen.
Grünen-Fraktionschefin Dröge sagte: "Kein anderes internationales Handels- oder Investitionsabkommen der Welt hat mehr Investorenklagen ausgelöst als der Energiecharta-Vertrag." Das sei auch ein gutes Zeichen vor dem Hintergrund der Weltklimakonferenz. "Dieser Vertrag ist ein Hindernis für die Energiewende und kostet den Staat Milliarden." Dröge kritisierte, Konzerne nutzten die Charta, um Verbote von Ölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und "horrende Entschädigungssummen" zu erklagen. "Der Vertrag war auch die Grundlage für Klagen gegen den deutschen Atomausstieg oder den niederländischen Kohleausstieg." Es sei konsequent, mit diesem Schritt Staaten wie den Niederlanden, Frankreich, Polen, Spanien und Italien zu folgen.
Neue Handelspolitik: Abhängigkeiten verringern
Die Regierungsfraktionen einigten sich auch auf Schritte, wie die deutsche Handelspolitik weiterentwickelt werden soll. So setzen sich die Abgeordneten dafür ein, dass die EU schnell Handelsabkommen mit Chile und Mexiko schließt. Außerdem soll die EU sondieren, ob die US-Regierung bereit ist, nach dem Scheitern des TTIP-Vertrages über einen neuen Anlauf für ein Handelsabkommen zu verhandeln. Gerade angesichts der geopolitischen Lage sollten sich Deutschland und Europa breiter aufstellen, Partnerschaften stärken und politische Abhängigkeiten von einzelnen Ländern verringern, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. "Vor allem mit Ländern, mit denen wir grundlegende Werte der liberalen Demokratie teilen, wollen wir Kooperation und Handel intensivieren."
Auch vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine und der wachsenden Spannungen mit China versucht Deutschland, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen. So hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck gesagt, die deutsche Export- und Importstrategie solle diversifiziert werden. "Klumpenrisiken" sollten vermieden oder abgebaut werden. Mit Investitionsgarantien wolle die Regierung ein Anreiz für Firmen schaffen, nicht nur nach China zu gehen, sondern auch in andere - zum Beispiel asiatische - Länder.
Quelle: ntv.de, mau/dpa