"Fragile Erfolge" im Irak Berlin warnt vor schnellem Truppenabzug
15.03.2018, 17:48 Uhr
Bundeswehrsoldaten und Soldaten der kurdischen Peschmerga bei einer Übung 2016 im Irak.
(Foto: dpa)
In seiner ersten Bundestagsrede als Außenminister warnt Maas vor einem Truppenabzug aus Krisengebieten - dass der Bundestag einer Verlängerung verschiedener Auslandseinsätzen zustimmt, gilt als sicher. Die Opposition sieht dahinter kein Konzept.
Die Bundesregierung hat einen langen Atem bei den wichtigsten Einsätzen der Bundeswehr gefordert. "Unsere Erfolge sind fragil", warnte Außenminister Heiko Maas bei seiner ersten Rede im Bundestag in neuer Funktion mit Blick auf den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak. Zwar habe die internationale Anti-IS-Koalition Erfolge erzielt, besiegt sei der IS deshalb aber noch nicht, so der SPD-Politiker: "Nachlassen wäre gerade jetzt das völlig falsche Signal." Auch ein Rückzug aus Afghanistan könne teuer zu stehen kommen.
Beide Einsätze sollen nun ausgeweitet werden. Nur einen Tag nach der Kanzlerwahl berieten die Abgeordneten im Bundestag über eine Verlängerung wichtiger Einsätze der Truppe - so soll beispielsweise der Ausbildungseinsatz im Irak auf das ganze Land ausgeweitet werden. Bislang unterstützt die Bundeswehr dort vor allem die kurdischen Peschmerga im Nordirak, nun will man auch die irakischen Zentralregierung in Bagdad beraten und ausbilden.
Die Afghanistan-Truppe soll wegen der desolaten Sicherheitslage von bislang höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1300 aufgestockt werden. Die Entscheidung des Bundestags zu den Mandaten steht zwar noch aus - die Zustimmung gilt aber mit Stimmen der großen Koalition als sicher. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen appellierte an das Durchhaltevermögen in den Konfliktregionen. "Afghanistan darf nicht wieder zur Brutstätte des Terrors werden", sagte die CDU-Politikerin. Es brauche zusätzliche Schutzkräfte für die deutschen Ausbilder und Berater, begründete sie die geplante Aufstockung der Truppe am Hindukusch. Ein stabiles Afghanistan bleibe in deutschem Interesse.
Von der Leyen forderte, dass die heimischen Streitkräfte im Irak in die Lage versetzt werden müssten, selbst für Sicherheit zu sorgen. Sie hält deshalb massive Wiederaufbauleistungen im Land für notwendig. Erneute Waffenlieferungen an Konfliktparteien im Irak schloss sie dagegen aus. Die Bundeswehr hatte den kurdischen Peschmerga bis 2016 im großen Stil Waffen geliefert, um sie im Kampf gegen den IS zu unterstützen - unter anderem Sturmgewehre und Panzerabwehrraketen vom Typ "Milan".
Keine Abstimmung mit den Großmächten
Der Bundeswehrverband bemängelte das Fehlen einer Strategie für den Irak-Einsatz. "Da fehlt es mir noch an strategischem Konzept, an einer Abstimmung mit Großmächten, aber auch den Regionalmächten, die alle unterschiedliche Interessen haben", sagte Verbandschef André Wüstner dem SWR.
Auch aus der Opposition kam deutliche Kritik an dem fortwährenden Engagement der Bundeswehr im Irak und in Afghanistan. Die Bundeswehr stecke im Irak in einem innerstaatlichen Konflikt zwischen Kurden und der Zentralregierung, sagte die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen. Der AfD-Abgeordnete René Springer kritisierte, der Krieg in Afghanistan sei verloren, das Ergebnis ein Desaster. Die Bundeswehr müsse selbst stabilisiert werden, bevor sie den Irak stabilisiere, sagte der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen mit Blick auf die desolate Ausrüstungslage der Truppe.
Die Ausrüstungsmängel der Truppe wirken sich laut von der Leyen aber nicht auf die Auslandseinsätze aus: "Die Einsätze sind immer Priorität und deshalb auch gut ausgestattet. Unser Grundproblem ist die Ausstattung zuhause", sagte von der Leyen dem ZDF. An den beiden UN-Friedensmissionen im Südsudan und im Sudan soll sich die Bundeswehr auch weiterhin mit jeweils bis zu 50 Soldaten beteiligen.
Am Freitag wollen die Abgeordneten noch über Nato-Operation "Sea Guardian" diskutieren, mit der die Seewege im Mittelmeer gesichert werden sollen - dafür sind weiterhin bis zu 650 Soldaten vorgesehen. Auch die Beteiligung an der Friedensmission in Mali soll bald ausgeweitet werden. Der UN-Einsatz in dem westafrikanischen Land gilt als gefährlichster der Bundeswehr - denn der Versöhnungsprozess zwischen den Konfliktparteien stockt. Immer wieder verüben islamistische Rebellen Anschläge. Statt bisher höchstens 1000 sollen sich nun bis zu 1100 Soldaten an der Stabilisierung des Landes beteiligen. Der Bundestag debattiert darüber in einer der nächsten Sitzungen.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa