Politik

Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge Bund und Länder vertagen Finanzierungs-Streit

Flüchtlinge aus der Ukraine erhalten vor dem Berliner Hauptbahnhof SIM-Karten, mit denen sie vorübergehend kostenlos telefonieren können.

Flüchtlinge aus der Ukraine erhalten vor dem Berliner Hauptbahnhof SIM-Karten, mit denen sie vorübergehend kostenlos telefonieren können.

(Foto: dpa)

Schnell will Deutschland den vor dem Krieg in der Ukraine fliehenden Menschen helfen. Kanzler Scholz stellt ihnen einen Aufenthaltstitel und Zugang zu Sprachkursen und medizinischer Hilfe in Aussicht. Die Forderung der Länder nach Geld vom Bund erfüllt er aber nicht sofort.

Bundesregierung und Bundesländer haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine geeinigt. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Runde der Regierungschefinnen und Regierungschefs. Die wichtige Frage der Finanzierung bleibt jedoch ungeklärt. Zwar sprach Scholz von der "gemeinsamen Verantwortung" auch bei den Finanzen, konkrete Zusagen machte er aber nicht.

Stattdessen wollen Bund und Länder eine Arbeitsgruppe einsetzen, die bis zum 7. April Lösungen erarbeiten soll, wie Scholz sagte. Zuvor hatten Ländervertreter, aber auch die Kommunen massive Bundeshilfen gefordert. Auf die Frage, warum erst in drei Wochen über die Finanzierung entschieden werde, sagte Scholz, es sollten Fehler wie in der Vergangenheit vermieden werden. Es dürfe hier kein "Stückwerk" geben. "Wir wollen es gut machen. Das ist die Antwort."

Es sei klar, "dass das eine große, große Herausforderung werden wird", sagte Scholz weiter. Schon jetzt sei die Zahl der ankommenden Menschen hoch. "Wir wissen, es werden viele sein." Jeder Flüchtling solle schnell einen Aufenthaltstitel bekommen, sagte er weiter. Damit würden sie etwa Zugang zu Integrations- und Sprachkursen, zu Arbeitsplätzen und medizinischer Versorgung bekommen.

"Das ist Putins Krieg"

Man wolle die Aufnahme der Flüchtlinge nicht in einer Weise organisieren, "dass wir mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern dass wir uns unterhaken", sagte Scholz. Es gehe jetzt darum, schnell und möglichst unkompliziert Zuflucht und Unterstützung zu gewähren, dazu würden Bund und Länder "alle Kräfte bündeln".

Der Kanzler lobte auch die "überwältigende Kultur der Hilfsbereitschaft" in Deutschland. Erneut verurteilte der Kanzler "diesen furchtbaren Krieg". "Das ist Putins Krieg. Putin hat diesen Krieg vom Zaun gebrochen, er ist allein verantwortlich", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten. Scholz nannte es völlig inakzeptabel, wenn in Deutschland Bürger, die aus Russland stammen, beschimpft, bepöbelt und beleidigt werden. Auch für sie gelte das Schutzversprechen des Staates.

"Worte reichen nicht aus, es braucht Taten", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, der wegen einer Corona-Infektion aus Jerusalem zugeschaltet war, wo er sich in Quarantäne befindet. "Die Menschen sollen wissen, dass wer vor Putins Krieg flieht, bei uns sicher und willkommen ist", so Wüst, der derzeit der Ministerpräsidentenkonferenz vorsitzt. Er sprach von einer nationalen Aufgabe. "Allein werden das die Kommunen nicht schaffen, sie brauchen Unterstützung." Auch der Bund sei in der Pflicht, "diejenigen zu unterstützen, die vor Ort die Arbeit machen".

Laut Wüst sind sich die Länder einig, dass die Sanktionen gegen Russland konsequent umgesetzt werden und gegen Umgehungen hart vorgegangen werden müsse. "Wir setzen der Brutalität dieses Angriffskriegs Solidarität und Nächstenliebe entgegen." Länder und Kommunen täten alles, um weitere Aufnahmekapazitäten zu schaffen.

Giffey: Keine Kapazitätsobergrenze

Es sei wichtig, die Weichen von Anfang an richtigzustellen, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD. Viele Flüchtlinge kommen zuerst in ihrem Bundesland an. Unter den ukrainischen Flüchtlingen, seien viele Menschen, die jetzt schon fragten: "Wo kann ich arbeiten?" Dem gelte es genauso gerecht zu werden, wie denjenigen, die staatliche Hilfe benötigten, so Giffey. Nach ihren Worten gibt es keine Kapazitätsobergrenze bei der Aufnahme der Flüchtlinge. Die Unterbringung in Privatunterkünften - das betrifft demnach zwei Drittel der Menschen - ist ihren Worten nach "keine Dauerlösung". Auch diese Menschen würden mittelfristig eigene Unterkünfte benötigen. "Wir müssen die Kapazitäten schaffen, die wir brauchen, mit vereinten Kräften", sagte Giffey.

Sowohl Wüst als auch Giffey betonten die Unterschiede zur Flüchtlingskrise 2015. Heute kämen vor allem Frauen und Kinder, sagte Wüst. Daher müsse schnell dafür gesorgt werden, dass die Menschen in Wohnungen untergebracht würden und "Kinder wieder Kinder sein können". Giffey sagte, die Lehren aus 2015 seien gezogen worden. Es gebe "gute Voraussetzungen, dass wir es diesmal besser machen". Viele der Helfer seien schon damals bei der Versorgung der Menschen dabei gewesen.

Bisher wurden in Deutschland laut Bundesinnenministerium 187.428 Kriegsflüchtlinge registriert. Ihre tatsächliche Zahl dürfte weit höher sein, da etliche Menschen privat unterkommen. Laut Giffey kommen täglich 10.000 Menschen in der Bundeshauptstadt an. Die Bundeswehr stelle künftig 80 Soldaten ab, die bei der Registrierung helfen würden. Täglich werde mit 200 ankommenden Bussen gerechnet.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar sind Millionen Menschen auf der Flucht. Ein Großteil von ihnen wurde bereits von den westlichen Nachbarländern der Ukraine aufgenommen, von Polen, der Slowakei, Rumänien und der Republik Moldau. Von dort reisen etliche weiter.

Quelle: ntv.de, mli/rts/AFP

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