Politik

Drei Agenten verlieren ihren Job Bundestag beklagt Rechtsverstöße beim BND

Auch die Telefonate Deutscher im Ausland hat der BND abgehört. Die Opposition hält das generell für rechtswidrig.

Auch die Telefonate Deutscher im Ausland hat der BND abgehört. Die Opposition hält das generell für rechtswidrig.

(Foto: dpa)

Nur mit Einschränkungen konnte das Kontrollgremium des Bundestags die umstrittenen Suchbegriffe des BND untersuchen. Doch die vorliegenden Unterlagen reichen den Abgeordneten, um zu einem eindeutigen Urteil zu kommen.

Die BND-Affäre um mutmaßlich rechtswidrige Internet-Spionage hat erste personelle Konsequenzen. Drei Mitarbeiter der Abteilung technische Aufklärung im Bundesnachrichtendienst sollen nach DPA-Informationen ihre Posten verlieren. Demnach werden zwei von ihnen mit anderen Aufgaben innerhalb des BND betraut. Der Leiter der Abteilung, ein Bundeswehr-General, wird nach diesen Informationen Anfang 2016 den BND verlassen und in die Bundeswehr zurückkehren. Auch der Unterabteilungsleiter ist demnach betroffen.

Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages hatten zuvor gravierende Rechtsverstöße beim BND beklagt und dringend Konsequenzen gefordert. Untersuchungen hätten ergeben, dass der BND unrechtmäßig und nicht auftragskonform eine Vielzahl an Zielen in EU- und Nato-Staaten ausgeforscht habe - darunter ausländische Regierungsstellen und EU-Institutionen. Das sagte der Vorsitzende des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, André Hahn (Linke), nach einer Sitzung des Gremiums in Berlin.

In Einzelfällen sind demzufolge auch deutsche Staatsbürger ausgespäht worden. Fraktionsübergreifend forderten Mitglieder des Gremiums Änderungen des BND-Gesetzes, um dessen Befugnisse und das Auftragsprofil präziser zu formulieren.

Die Bundesregierung hatte dem Kontrollgremium im Oktober mitgeteilt, dass es neben den umstrittenen Suchkriterien des US-Geheimdienstes NSA auch eigene problematische BND-Selektoren gegeben hat, die bis Ende 2013 im Einsatz waren. Das Parlamentsgremium hatte daraufhin eine Task Force eingerichtet, um dem weiter nachzugehen. Selektoren sind Suchmerkmale, etwa Telefonnummern oder Mail-Adressen, die genutzt werden, um weltweite Datenströme zu durchkämmen.

Der BND hatte im Sommer 2013 begonnen, kritische Suchkriterien aus seiner Fernmeldeaufklärung herauszunehmen. Am Ende waren etwa 3300 Ziele herausgefiltert worden, die EU- und Nato-Staaten betrafen. Diese schaute sich die Task Force des Kontrollgremiums genauer an. Noch aktive BND-Suchbegriffe wurden von dem Kontrollgremium bislang nicht untersucht.

Aufsicht hat versagt

Hahn stellte nun die vorläufigen Ergebnisse vor: Ein Drittel der Ziele sei "mit großer Wahrscheinlichkeit rechts- und auftragskonform". Eine weitere Gruppe könne nicht pauschal beurteilt werden. Der BND habe aber auch "eine Vielzahl von Zielen aufgeklärt, die nicht auftragskonform und rechtlich zulässig sind". Einzelne Ziele dürfe er nicht nennen. Die Ausforschung sei zum Teil über Jahre erfolgt.

In einzelnen Fällen habe der BND auch deutsche Staatsbürger erfasst und dies mit der "Funktionsträgertheorie" begründet. Deutsche Bürger sind besonders vor Ausspähung durch deutsche Geheimdienste geschützt - auch dann, wenn sie sich im Ausland aufhalten. Eine Überwachung ihrer Kommunikation ist nur in Ausnahmefällen und nach Genehmigung durch die sogenannte G10-Kommission erlaubt. Der BND argumentiert aber, bei "Funktionsträgern" sei das anders. Der deutsche Geschäftsführer einer ausländischen Firma im Ausland ist nach BND-Logik nur vor Ausspähung geschützt, wenn er privat telefoniert, nicht aber bei geschäftlichen Gesprächen.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hielt dagegen, der BND dürfe Deutschen im Ausland nicht ihre Grundrechte absprechen. "Diese Funktionsträgertheorie verstößt krass gegen das Grundgesetz." Ein eindeutiger Rechtsverstoß sei außerdem, dass das Kontrollgremium über Jahre gar nicht, falsch oder unvollständig informiert worden sei.

Der SPD-Abgeordnete Burkhard Lischka sprach von einem "unhaltbaren Zustand, der dringend geändert werden muss". Der Unions-Politiker Clemens Binninger beklagte, die Rechtsgrundlage für die BND-Arbeit sei zu schwammig, bei dem Geheimdienst habe sich in einer Abteilung ein Eigenleben entwickelt, die Aufsicht habe nicht funktioniert.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa/AFP

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