Politik

Ziemiak stellt Wahlkampf vor CDU versucht's wieder mit vagen Slogans

Natürlich gibt es noch Plakate mit Armin Laschet, aber daneben wird es viele andere Motive ohne Politiker geben.

Natürlich gibt es noch Plakate mit Armin Laschet, aber daneben wird es viele andere Motive ohne Politiker geben.

(Foto: imago images/Future Image)

Eigentlich hat der Wahlkampf längst begonnen, Kandidaten und Kandidatinnen sind gekürt und die Parteiprogramme verabschiedet. Nun stellt CDU-Generalsekretär Ziemiak vor, wie der Wahlsieg gelingen soll. Der neue Leitspruch knüpft an alte Negativ-Klassiker an.

Wenn man wissen will, was Parteien vorhaben, hilft es meist nicht, sich Wahlplakate anzuschauen. Insbesondere die CDU beglückte das Land in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit Sternstunden der Bedeutungslosigkeit. "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben" oder "Es geht um Deutschland" wurden nur von Angela Merkels Äußerung "Sie kennen mich" übertroffen, die sie in einem TV-Duell 2013 sagte. Das muss man nicht verwerflich finden, denn erlaubt ist, was Erfolg hat, in gewissen Grenzen zumindest. Die CDU hat gemeinsam mit der CSU jedenfalls noch jede Wahl seit 2005 gewonnen. Und auf Plakaten ist nicht viel Platz, da muss etwas Prägnantes drauf, etwas, das bei den Wählern im Lande spontane Zustimmung auslöst.

Am Vormittag stellte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak vor, wie seine Partei das in diesem Jahr angehen will. Immerhin kann die Partei nicht mehr auf ihr Zugpferd Merkel setzen, an deren Nimbus und Beliebtheit ihre Gegner bei den vergangenen Wahlen abgeprallt sind. Da reichte es der Union eben, Merkel auf ein Plakat zu drucken und etwas darunter zu schreiben, was alle gut finden, eben zum Beispiel "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben", kurz #fedidwgugl.

"Mit Sicherheit" heißt es auf diesem Plakat - damit deutet die Partei eine harte Hand in Sachen Kriminalität an.

"Mit Sicherheit" heißt es auf diesem Plakat - damit deutet die Partei eine harte Hand in Sachen Kriminalität an.

(Foto: imago images/Future Image)

Nun soll aber Armin Laschet die Union zum Wahlsieg führen, und damit stellt sich die Frage, ob man den Wahlkampf ebenso auf ihn wie einst auf Merkel zuschneiden kann. Ziemiaks Antwort ist ein klares "Jein". Wie er bei der Präsentation sagte, zwar in einem anderen Zusammenhang, aber ebenso passend: "Wir sind nicht die Partei des Entweder-Oder, sondern des Sowohl-Als-Auch".

Plakate ohne Laschet

Denn die Partei wird den Wahlkampf nicht vollständig auf Laschet ausrichten. Erstmals wird es Plakate geben, auf denen der Kandidat nicht zu sehen sein wird. Stattdessen werden Menschen bei der Arbeit gezeigt, eine Polizistin oder eine Frau mit Bauarbeiterhelm etwa, oder auch Kinder und ein mit einer Altenpflegerin scherzender Senior. Übrigens handelt es sich dabei um CDU-Mitglieder und -Mitarbeiter, nicht etwa um "echte Menschen", die die dargestellten Berufe ausüben. Man habe während der Pandemie keine Polizistinnen und Krankenpfleger von der Arbeit abhalten wollen, sagt Ziemiak. Nebeneffekt, ob gewollt oder ungewollt: Niemand auf den Bildern hat Migrationshintergrund, alles sieht sehr weiß und blond aus.

Auch die Frau mit Helm und Schutzbrille ist CDU-Mitglied, wie Ziemiak sagte.

Auch die Frau mit Helm und Schutzbrille ist CDU-Mitglied, wie Ziemiak sagte.

(Foto: imago images/Future Image)

Ziemiak verkauft die Ohne-Laschet-Plakate als Konzentration auf die Inhalte, weist geflissentlich auf das Design der Motive hin, auf denen immer ein Kreis zu sehen ist, der "Unionkreis", wie er ausführt. Und wer sollte schon etwas dagegen haben, die Inhalte in den Vordergrund zu stellen? Auch wenn die Union in den vergangenen Wochen selbst eine inhaltsleere Benzinpreisdebatte vom Zaun brach, um Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock zu attackieren - inhaltsleer, weil es die Koalition war, die den CO2-Preis und damit einhergehend steigende Spritkosten beschlossen hatte. Wenn es heißt, man rücke die Inhalte in den Vordergrund, könnte zumindest bei der Union der Verdacht aufkommen, der Kandidat allein reiche wohl nicht als Zugpferd. Aber solche Überlegungen würde Ziemiak sicherlich empört zurückweisen.

Natürlich soll es dennoch Plakate geben, auf denen der CDU-Chef ganz klassisch im Porträt zu sehen sein wird. Auch ein Werbespot zeigt ihn lange in Großaufnahme. Darin schreitet er durch die Katakomben eines leeren Fußballstadions bis zum Mittelkreis und trifft dann ein paar Menschen, die nach "Mitte der Gesellschaft" aussehen. Gut zu Laschet passt auch der Slogan, der auf allen Plakaten steht: "Deutschland gemeinsam machen."

Was soll das heißen?

Das ist zwar sprachlich etwas verquer, denn was soll das heißen: "Deutschland machen"? Kann man Deutschland "machen"? Und wenn ja, könnte man Deutschland auch "allein" machen? Aber die Frage ist vermutlich falsch gestellt. Entscheidend ist hier, dass die Worte "Deutschland" und "gemeinsam" vorkommen. Und "machen" hört sich bei Politikern sowieso immer gut an. Denn Laschet gilt ja als Moderator, als jemand, der sich zurückhalten und seine Ministerinnen und Minister glänzen lassen kann. Er wird als Macher aus Nordrhein-Westfalen dargestellt, der - anders als Baerbock, so der unausgesprochene Subtext - Regierungserfahrung hat. "Gemeinsam" klingt aber auch als Ansage an die Wähler gut, auch wenn die CDU verspricht, beispielsweise Regeln zum Aufbau von Funktürmen oder den Bau neuer Bahnstrecken zu vereinfachen - weil, wie Ziemiak am Vormittag sagt, immer jemand protestiert oder klagt, wenn diese geplant werden. Diese Form der Gemeinsamkeit, der Bürgerbeteiligung, scheint mit dem Wörtchen "gemeinsam" nicht gemeint zu sein.

"Deutschland" muss natürlich auch aufs Plakat, denn für die CDU und ihre Wähler ist das traditionell ein Feel-Good-Wort. Bei der Union schwingt dann immer mit, dass andere Parteien wie etwa die Grünen, das so nicht tun würden. So grenzt man sich ab, übrigens nicht nur von den stärksten Konkurrenten, sondern ein bisschen auch von Merkel. Der liegt das Schwenken schwarz-rot-goldener Fahnen auch nicht so, wie sich nach dem Wahlsieg 2013 zeigte, als sie Hermann Gröhe bei der Siegesfeier ein Deutschlandfähnchen aus der Hand nahm und von der Bühne entfernte. Nun sieht man zumindest auf den Plakaten wieder viel Schwarz-Rot-Gold und eben auch das Wort "Deutschland" selbst ist prominent platziert.

Die Slogans auf den Plakaten mit den Menschen sagen eher etwas darüber, was der Partei wichtig ist, als wie sie dahin kommen möchte - doch damit bleibt sie wie in den vergangenen Jahren sehr vage. "Machen, was Arbeit schafft", "Klima schützen. Jobs schaffen", "Mit Sicherheit", "Familien stärken", "Für ein gutes Leben im Alter", "Für bezahlbares Wohnen", "Heute lernen, was morgen zählt". Diese Slogans beschreiben eher die politischen Aufgaben und Probleme, weniger die Lösungen auf dem Weg dorthin. Deren Ansätze stehen zwar im Parteiprogramm, aber die liest nunmal kaum jemand. Diese Slogans zielen auf den Maximalkonsens in der Gesellschaft, passend für eine Partei, die auf die Mitte zielt. Man könnte aber auch sagen: Allen wird alles versprochen.

Keine Hallen-Termine mit Tausenden Leuten

Plakate sind natürlich nur ein Element des wie beim letzten Mal 20 Millionen Euro teuren Wahlkampfs. In diesem Jahr soll einiges anders werden: So viel wie nie soll im Netz passieren. Natürlich darf man die Bilder glücklicher CDU-Menschen auch dort erwarten, es soll aber auch Diskussionsangebote an die drei Millionen Erstwähler auf sozialen Medien geben oder auch eine digitale Wahlkabine. Außerdem sollen Wahlkampfreden immer auch im Netz übertragen werden. Präsenzveranstaltungen soll es zwar auch geben, allerdings unter Corona-Bedingungen, wie Ziemiak ausführte.

Veranstaltungen in Hallen mit Tausenden Teilnehmern sind dagegen nicht geplant. Alles, was größer ist, soll unter freiem Himmel stattfinden. Beim Termin zum Beginn der Wahlkampf-Schlussphase im Europapark Rust in Baden-Württemberg am 21. August werden Laschet, Markus Söder und Merkel gemeinsam auftreten. Ein gemeinsames Wahlkampf-Foto Laschets mit Hans-Georg Maaßen, dem umstrittenen früheren Verfassungsschutzchef, der in Thüringen kandidiert, sei dagegen nicht geplant. Ziemiak rechnet auch damit, dass diesmal die Briefwahl viel häufiger genutzt werden wird, ein Trend, der sich schon bei zurückliegenden Landtagswahlen andeutete. Daher werde es wohl keinen klassischen Endspurt mehr geben.

Ziemiak sagt zum Ende seiner Präsentation, er wünsche sich einen sachlichen Wahlkampf, in dem es um Inhalte gehe. Den Wunsch dürfte er mit den anderen Parteien teilen. Die Ausgangslage dafür ist aus Sicht der Union gut: In Umfragen liegt die Partei klar vorn. So könnte der interne Slogan nicht "Deutschland gemeinsam machen", sondern eher "Jetzt nichts falsch machen" lauten. Dazu passt der geplante Wahlkampf jedenfalls bestens.

Quelle: ntv.de

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