Künftige Flüchtlingspolitik De Maizière: Nach Griechenland abschieben
04.09.2016, 15:24 Uhr
De Maizière will ein Ausmaß des Flüchtlingszustroms nach Deutschland wie im vergangenen Jahr künftig verhindern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Künftig sollen Flüchtlinge wieder nach Griechenland abgeschoben werden, kündigt Bundesinnenminister de Maizière an. Die Lage in dem Land habe sich verbessert, daher könne die Dublin-Verordnung wieder greifen. Kanzlerin Merkel nimmt er zudem in Schutz.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière will künftig wieder Flüchtlinge nach Griechenland abschieben. Es sei innerhalb der EU viel unternommen worden, um die Lage der Flüchtlinge in dem Land zu verbessern, sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Dies müsse zur Folge haben, dass gemäß der Dublin-Verordnung auch wieder Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeschickt werden könnten. Voraussetzung sei eine gemeinsame europäische Haltung, sagte de Maizière: "Wenn wir alleine voranpreschen, besteht die Gefahr, dass Verwaltungsgerichte das Rückführen schon nach kürzester Zeit untersagen."
Die Kritik an de Maizières Vorschlag ließ nicht lange auf sich warten: Als unverantwortlich verurteilte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl die Forderung, Asylsuchende wieder nach Griechenland zurückzuschicken. "Die Situation in Griechenland ist desaströs", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Rund 50.000 Menschen sitzen in Griechenland fest, es gibt weder ein rechtsstaatliches Asylverfahren noch ausreichende Unterkünfte." Burkhardt warf dem Innenminister durchsichtige Motive vor: "De Maizière will aus wahltaktischen Gründen den Druck erhöhen, um nach rechts eine harte Kante zu zeigen", sagte er.
Die Regierung in Athen reagierte verärgert: Das was de Maizière sage habe "nichts mit der Realität zu tun", erklärte der griechische Migrationsminister Ioannis Mouzalas. Die Absicht des deutschen Innenministers sei "inakzeptabel". Dies gelte besonders, wenn man bedenke, dass die Umsiedlung von 33.000 Flüchtlingen allein für dieses Jahr aus Griechenland in andere EU-Staaten vorgesehen und bislang nur 3000 umgesiedelt worden seien.
De Maizière will zudem ein Ausmaß des Flüchtlingszustroms nach Deutschland wie im vergangenen Jahr künftig verhindern. "Eine Situation wie im vergangenen Herbst und Winter darf sich nicht wiederholen", sagte de Maizière, ohne sich aber von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und deren damaliger Flüchtlingspolitik zu distanzieren. Auch Merkel bekräftigte, sie würde heute genauso handeln wie vor einem Jahr.
"Merkel nicht schuld am Aufstieg der AfD"
Merkel sagte der "Bild"-Zeitung, im September 2015 sei es nicht darum gegangen, die Grenze für alle zu öffnen, "sondern sie für diejenigen nicht zu schließen, die sich in großer humanitärer Not aus Ungarn zu Fuß auf den Weg zu uns gemacht hatten." Sie bereue keine ihrer Entscheidungen aus der Zeit auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, sagte die Kanzlerin.
De Maizière sagte, auch im Nachhinein sei die Entscheidung richtig, damals zu helfen. Die Formulierung, die Kanzlerin habe die Grenzen geöffnet, sei falsch. Er halte auch den Vorwurf für "abwegig", der Kurs Merkels habe zum Aufschwung der AfD beigetragen. "Wir erleben in ganz Europa den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien. Deutschland bildete lange die Ausnahme", sagte de Maizière.
Gauck mahnt zur Geduld bei Integration
Bei den als Folge der Flüchtlingskrise erhobenen politischen Maßnahmen verteidigte Merkel das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei. Die Vereinbarung sei "im gegenseitigen Interesse, da gibt es keine Abhängigkeit", sagte die Kanzlerin. Die EU stehe in der Verantwortung, der Türkei zu helfen, Flüchtlinge nahe ihrer Heimat zu beherbergen. Die Regierung in Ankara wiederum könne kein Interesse daran haben, "dass jeden Tag Menschen in der Ägäis ertrinken und sich Schlepper und andere Kriminelle in den türkischen Küstenstädten breitmachen". Es sei im Interesse beider Seiten, "Legalität herzustellen".
Bundespräsident Joachim Gauck mahnte derweil Geduld bei der Integration von Flüchtlingen an. "Es braucht Zeit, Flüchtlinge in eine Gesellschaft einzugliedern, und es braucht Zeit, Einheimische an eine sich verändernde Gesellschaft zu gewöhnen", sagte Gauck am Samstag laut Redemanuskript beim "Tag der Heimat" des Bundes der Vertriebenen in Berlin. Nötig sei ein "langer Atem".
Quelle: ntv.de, kst/AFP/dpa