Türkei macht PKK verantwortlich Drei Soldaten sterben bei Anschlag
30.07.2015, 14:09 Uhr
Eine türkische Militärpatrouille im Südosten des Landes, an der Grenze zu Syrien.
(Foto: dpa)
Bei einem Angriff auf einen türkischen Militärkonvoi im Südosten des Landes sterben drei Soldaten. Die Armee macht die PKK verantwortlich. Experten und Politiker sehen die zunehmenden Konflikte mit Sorge - sie befürchten einen neuen Krieg.
Im Südosten der Türkei sind drei türkische Soldaten offenbar von Angreifern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erschossen worden. Nach Angaben der türkischen Armee wurde ein Militärkonvoi auf einer Straße im Bezirk Akcay in der Provinz Sirnak angegriffen, die an der Grenze zu Syrien und zum Irak liegt. Ein PKK-"Terrorist" sei bei anschließenden Kämpfen getötet worden, hieß es weiter. Die Armee schickte Drohnen, Hubschrauber und Truppeneinheiten vor Ort.
Der PKK-Angriff ist der jüngste in einer Serie von Attacken gegen Polizisten und Soldaten. Zuvor war ebenfalls im Südosten des Landes ein Polizist getötet worden. Aus einem Auto heraus schossen die Täter am Mittwochabend auf den Beamten, der im Distrikt Cinar vor einem Teehaus saß, wie türkische Nachrichtenagenturen berichteten. Auch ein Passant wurde getroffen, der später ebenfalls seinen Verletzungen erlag. Den Berichten zufolge wurde der Angriff von Anhängern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verübt.
In der Stadt Cizre in der Region Sirnak im Südosten der Türkei wurde unterdessen ein mutmaßliches PKK-Mitglied getötet. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu hatten PKK-Anhänger eine Polizeistation angegriffen, die Polizisten schossen zurück.
"Eine strategische Entscheidung"
In der Türkei eskaliert seit einem Anschlag auf ein prokurdisches Treffen mit 32 Toten der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und den kurdischen Rebellen. Ankara machte die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) verantwortlich. Die PKK wies der türkischen Regierung wegen ihrer lange Zeit unklaren Haltung zum IS eine Mitschuld für den Anschlag zu. Die PKK griff daraufhin türkische Polizisten an, die Regierung bombardiert PKK-Stellungen im Nordirak und in der Türkei. Die Bundesregierung warnte bereits vor Attentaten in dem Land, vor allem in Istanbul.
Das militärische Vorgehen der türkischen Regierung sei "eine strategische Entscheidung" Ankaras, sagte Nahost-Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er machte deutlich, dass er nicht von einer raschen Deeskalation ausgeht. "Es wird häufiger Unruhen und Anschläge geben", prognostizierte er. Zweifel äußerte Steinberg daran, ob der von Ankara angekündigte Kampf gegen den IS in Syrien wirklich "nachhaltig" ist. Dennoch plädierte er für eine Unterstützung der Türkei bei diesem Kurs, statt das Land wegen der Kurden unter Druck zu setzen.
"Strategie der Spannung"
Die Außenexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, warnte vor einer Destabilisierung des Landes und der gesamten Region. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verfolge eine "Strategie der Spannung", die in der Türkei die Angst vor Anschlägen und sogar einem "Bürgerkrieg" wachsen lasse, sagte sie in Berlin. "Es ist nicht auszuschließen, dass die PKK wieder zu den Waffen greifen wird."
Sie hoffe, dass die PKK dieser "Provokation nicht nachgibt", fügte die türkischstämmige Abgeordnete hinzu. Dagdelen zeigte sich jedoch pessimistisch, da die Regierung in Ankara nicht nur innerhalb der Türkei, sondern auch im Nordirak gegen die Kurden vorgehe. "Deswegen befürchte ich eine noch größere Destabilisierung der gesamten Region", fügte sie im Hinblick etwa auf den Irak und Syrien hinzu. "Für uns wird das auch Auswirkungen haben", sagte die Linken-Politikerin. "Es wird noch mehr Flüchtlingsbewegungen geben aus der Region."
Auch die Kurden im Nordirak fürchten einen Flächenbrand in der Region. Er sei traurig, dass die Türkei und die PKK den Friedensprozess beendet hätten, sagte der Bürgermeister im nordirakischen Erbil, Nihad Latif Kodscha, im RBB-Inforadio. "Wir brauchen keinen weiteren Krieg", sagte er mit Blick auf den Kampf der Kurden gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Kodscha gab beiden Seiten eine Mitschuld an der Eskalation der Lage. Die Regionalregierung in Erbil hat sich demnach bereits als Vermittler angeboten.
Quelle: ntv.de, mli/AFP