"Problem sitzt im Kanzleramt" Druck auf Scholz für Taurus-Lieferung nimmt zu
11.08.2023, 11:19 Uhr Artikel anhören
Die noch verfügbaren Flugzeuge der Ukraine müssten ertüchtigt werden - mit den deutschen Marschflugkörpern Taurus, forderte Kiesewetter.
(Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich)
Die ukrainischen Kampfflugzeuge schwinden, während Russland weiter eskaliert, deshalb muss Deutschland zügig Marschflugkörper an Kiew schicken, fordert Roderich Kiesewetter. Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Die Bundesregierung soll sich aber noch in einem Prüfprozess befinden.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat eine zügige Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine gefordert. "Jetzt, wo die Diskussion über Taurus beginnt und läuft, eskaliert Russland weiter", sagte er im ZDF. "Wenn wir wirklich dieser Eskalation Russlands Einhalt gebieten wollen, müssen wir mit allem reingehen, was der Ausweitung des Krieges entgegensteht", verlangte der Bundestagsabgeordnete. Die Ukraine habe nur noch wenige eigene Kampfflugzeuge und damit keine Luftüberlegenheit. Die noch verfügbaren Flugzeuge der Ukraine müssten deshalb ertüchtigt werden - mit den deutschen Marschflugkörpern.
Das oft gegen eine Lieferung vorgebrachte Argument, dies könne zu einer Eskalation des Krieges führen, nannte Kiesewetter "ein Scheinargument". Denn Russland eskaliere den Konflikt. "Die Ukraine braucht sie dringend", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, dem Sender Phoenix mit Blick auf die Waffensysteme. Es sei "völkerrechtskonform, wenn die Ukraine weiß, woher sie angegriffen wird, dass dort auch präventiv zugeschlagen werden kann, um Angriffe zu unterbinden". Sie kritisierte zugleich Bundeskanzler Olaf Scholz für seine zögerliche Haltung: "Ich glaube, das Problem sitzt erneut im Kanzleramt, wo man versucht, das Thema nicht hochploppen zu lassen."
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schloss eine Lieferung der Marschflugkörper nicht mehr aus. "Solche roten Linien haben wir als SPD noch in keiner Debatte um Waffenlieferungen gehabt", sagte sie der "Rheinischen Post". Es werde jedoch keine Alleingänge Deutschlands geben. "Wir stimmen uns eng mit den Verbündeten ab", betonte Esken.
Linke: Limitierung von Taurus wäre leicht auszuhebeln
Es gibt aber auch Gegenstimmen. Linken-Parteivize Lorenz Gösta Beutin etwa hat sich scharf gegen eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen. "Marschflugkörper mit Gebietseinschränkungen auszuliefern, ist doch ein schlechter Witz", sagte Gösta Beutin mit Bezug auf einen "Spiegel"-Bericht, dass Kanzler Scholz eine Auslieferung nur mit Reichweiten-Limitierung zustimmen würde. "Jeder Jugendliche kann handelsübliches Geoblocking für digitale Dienste umgehen". Ein moderner Staat mit Zugriff auf IT-Firmen und Flugzeugbauer "wird doch in der Lage sein, eine solche Sperre auch bei Militärtechnik zu umgehen", sagte er weiter.
Nach "Spiegel"-Informationen laufen bereits Gespräche zwischen der Bundesregierung und dem Taurus-Hersteller. Demnach bat SPD-Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius die Herstellerfirma darum, eine Limitierung für die Ziel-Programmierung in die Marschflugkörper zu integrieren. Scholz wolle durch technische Modifikationen ausschließen, dass die Ukraine mit den weitreichenden Waffensystemen Angriffe auf russischem Territorium ausführen kann.
Laut "Spiegel" will der Kanzler die Taurus-Lieferung erst genehmigen, wenn er von der technischen Modifikation überzeugt ist. Mit ihrer Reichweite von mehr als 500 Kilometern könnten die Taurus-Marschflugkörper auch russisches Staatsgebiet erreichen. Die Ukraine sicherte allerdings bereits zu, westliche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet einzusetzen. Großbritannien hatte im Mai als erstes westliches Land die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Storm Shadow an die Ukraine angekündigt. Frankreich sagte im Juli gleichfalls diesen gemeinsam mit den Briten entwickelten Marschflugkörper zu. Seine Reichweite liegt laut Hersteller bei mehr als 250 Kilometern.
Quelle: ntv.de, ysc/AFP