Machtwort der Kommission EU verlängert Zulassung von Glyphosat
16.11.2023, 11:43 Uhr Artikel anhören
Die aktuelle Glyphosat-Zulassung wäre im Dezember ausgelaufen.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Seit Jahren ist der Unkrautvernichter Glyphosat aufgrund hoher Gesundheitsrisiken stark umstritten. Weil sich die EU-Staaten nicht auf eine einheitliche Linie in der Frage der Verwendung einigen können, entscheidet die Kommission - und gibt für zehn weitere Jahre grünes Licht.
Glyphosat darf weitere zehn Jahre in der EU genutzt werden. Weil sich die EU-Staaten nicht einig waren, ob sie das befürworten oder nicht, konnte die Entscheidung von einer EU-Behörde im Alleingang getroffen werden. Es werde aber neue Auflagen und Einschränkungen geben, teilte die EU-Kommission in Brüssel weiter mit. Die derzeitige Zulassung wäre Mitte Dezember ausgelaufen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete die Zulassung als fatal. "Mit ihrer Entscheidung verhindert die Kommission einen wichtigen Schritt im Kampf gegen das Artenaussterben."
Zuvor hatten sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz des Mittels ausgesprochen. Daraufhin konnte die EU-Kommission im Alleingang eine Entscheidung treffen. Streit gibt es unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum.
Deutschland hatte sich in den Verhandlungen enthalten, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnte. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erklärte, er hätte gern "gemäß unserer Koalitionsvereinbarung" mit einem klaren Nein gestimmt. "In Deutschland haben wir uns im Koalitionsvertrag zum Thema klar positioniert", erklärte dazu auch Lemke. "Daher ist es richtig, dass Deutschland der Verlängerung nicht zugestimmt hat." Kritik kam von Umweltschutzorganisationen. "Diese Enthaltung geht auf das Konto der FDP, die nicht zum Koalitionsvertrag steht", erklärte etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Bayer-Konzern: Wichtige Technologie
Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen. Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören laut EFSA etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben. Wo Glyphosat versprüht wird, wächst kein Gras, Strauch oder Moos mehr. Das Mittel wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld frei von Unkraut zu halten, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden.
Glyphosat zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Herbiziden und wurde vom US-Konzern Monsanto entwickelt, den Bayer 2017 übernahm. Der Leverkusener Agrar- und Pharmakonzern begrüßte die Entscheidung der Kommission. "Diese erneute Genehmigung ermöglicht es uns, Landwirten in der gesamten Europäischen Union weiterhin eine wichtige Technologie für die integrierte Unkrautbekämpfung zur Verfügung stellen zu können." Für Bayer sind seine glyphosathaltigen Roundup-Unkrautvernichter ein bedeutender Umsatzbringer. Mit dem Monsanto-Zukauf handelten sich die Leverkusener allerdings auch eine Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids ein.
Quelle: ntv.de, gri/jwu/dpa/AFP/rts