Politik

Afghanistan-Diskussion bei Lanz "Ein schludriges Bundestagsmandat"

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch war zu Gast in der Talksendung von Markus Lanz.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch war zu Gast in der Talksendung von Markus Lanz.

(Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto)

In der Sendung Markus Lanz im ZDF befassen sich die Gäste einmal mehr mit der Situation in Afghanistan. Linken-Fraktionschef Bartsch versucht das Abstimmungsverhalten seiner Partei zum Afghanistan-Mandat der Bundeswehr bei der letzten Bundestagsdebatte zu erklären – und erzeugt Ratlosigkeit bei den Talkgästen.

Markus Lanz hat im ZDF in den Wahlkampfmodus geschaltet. Dafür hatte er sich am Mittwochabend mit dem Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und dem Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner zwei spannende Protagonisten eingeladen. Die Beiden diskutierten auch über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Linken nach der Bundestagswahl.

Für den Grünen Michael Kellner steht natürlich seine eigene Partei im Vordergrund. Er weiß, dass die Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im Moment in der Wählergunst auf dem dritten Platz liegt. Doch er ist sich sicher: "Wir haben noch dreieinhalb Wochen Zeit. Da ist noch alles drin." Im Vergleich mit den beiden anderen Kandidaten sieht er einen klaren Vorteil für Baerbock: "Sie steht für Erneuerung und nicht für ein bedeutungsloses Weiter-so wie die beiden anderen." Kellner sieht ein Ende der Volksparteien. Schließlich könne in der kommenden Legislaturperiode ein Kandidat mit 20 Prozent der Wählerstimmen Kanzler werden. "Drei Parteien kämpfen um die Führung. Wir sind dabei. Das hatten wir noch nie", freut er sich. Kellner fordert eine andere Politik: Der Kampf gegen die Klimakrise, eine veränderte Verkehrspolitik und der Ausbau der digitalen Infrastruktur – das sind nur drei der Themen, die die Grünen anpacken wollen. "Dazu braucht es ein Ende der großen Koalition."

"Sie haben sich ins Abseits gestellt"

Zu einem rot-grün-roten Regierungsbündnis will sich Kellner nicht äußern. "Das müssen die Wähler entscheiden", sagt er. Linken-Fraktionschef Bartsch wird konkreter: Für ihn ist eine Koalition mit SPD und Grünen durchaus vorstellbar. Wichtig sei auf jeden Fall eine Regierung ohne Beteiligung der CDU: "Diese staatspolitisch verwahrloste Partei muss raus aus der Regierung."

Problem für eine solche Koalition könnte die von den Linken geforderte Außenpolitik sein. Beispiel: Die Enthaltung der meisten Abgeordneten bei der letzten Bundestagsabstimmung über eine Verlängerung des Bundeswehrmandats für Afghanistan. Michael Kellner von den Grünen erklärt: "Es ist doch geboten, die Menschen, die uns geholfen haben, zu unterstützen und sie aus Afghanistan rauszuholen. Wir haben klar gesagt, wir unterstützen das. Und Wir haben nicht verstanden, warum Sie sich enthalten haben. Damit haben Sie sich ins Abseits gestellt."

Der Linken-Fraktionschef versucht zu erklären: Natürlich habe man den Menschen helfen wollen. Bei dem Mandat, das bis zum 30. September dauern sollte, sei von dem Ausfliegen der Ortskräfte aber nie die Rede gewesen, behauptet Bartsch. Der Abstimmungstext sei erst einen Tag vor der Debatte vorgelegt worden. Und: "Niemand wollte, das irgendwer nicht gerettet wird. Ich habe aber nicht zugestimmt, weil das Mandat ein schludriges Mandat war."

Zu spät reagiert

Enttäuscht über die Bundesregierung zeigte sich die afghanische Juristin und Aufbauhelferin Homaira Hakimi. Die Regierung habe zu spät reagiert, sagt sie. Den Menschen in Afghanistan, die für ausländische Regierungen gearbeitet haben, müsse sofort geholfen werden. "Für die Taliban sind das Kollaborateure", erklärt sie.

Hakimi war mit ihren Eltern aus Afghanistan geflohen. Heute lebt sie in Bremen. Vor zehn Jahren war sie nach Afghanistan zurückgekehrt, um dort acht Jahre lang Aufbauarbeit zu leisten. "Damals herrschte dort Aufbruchstimmung. Das hätte ich nie erwartet", beschreibt sie die Situation. Frauen durften studieren, sie waren Parlamentsabgeordnete, Botschafterinnen, sogar Ministerinnen. Das alles habe sich 2016 geändert. Die Regierung wurde korrupt, viele der damaligen Minister lebten heute im Westen, in Dubai, Ankara oder den USA. "Reich geworden sind diese Personen durch unsere Steuergelder", sagt Hakimi.

Die heutige Situation in Afghanistan beschreibt sie mit einem Bild: "Da ist ein Land, das laufen gelernt hat. Jetzt wird ihm das Laufen verboten. Es darf nur noch krabbeln." Für die nahe Zukunft hat Hakimi drei Wünsche: "Zunächst müssen wir so schnell wie möglich die gefährdeten Menschen aus Afghanistan holen. Dann müssen wir aufklären, wie die Regierung in Afghanistan scheitern konnte. Aber vor allem müssen wir mit den Taliban in einen Dialog treten."

Quelle: ntv.de

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