Melnyk bei "Maischberger" "Es geht jetzt nicht nur um Panzer"
19.01.2023, 02:31 Uhr
Vize-Außenminister Melnyk bittet den Westen auch um Kampfjets.
(Foto: WDR/Oliver Ziebe)
Der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, fordert die Lieferung von Panzern und Kampfjets. Er hoffe, dass es dazu bei dem morgigen Treffen der Alliierten in Ramstein eine Entscheidung geben werde. Das sagt der Außenpolitiker am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Maischberger".
In der Ukraine tobt seit Wochen ein blutiger Stellungskrieg. In der ARD-Talkshow "Maischberger" haben sich die Außenpolitiker von CDU und SPD, Norbert Röttgen und Ralf Stegner, über weitere Waffenlieferungen in das Land gestritten. Dabei geht es vor allem um den Kampfpanzer "Leopard 2". Zuletzt hatte der polnische Präsident Andrzej Duda von Deutschland die Zustimmung für deren Einsatz in der Ukraine gefordert. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend dazu nicht geäußert.
Unterdessen geht der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, noch einen Schritt weiter. In der ARD-Sendung "Maischberger" meldet er sich am Mittwochabend aus Kiew. "Wir hoffen, dass der neue Verteidigungsminister die vor über elf Monaten verkündete Zeitenwende umsetzen kann", sagt er. So müsse dringend eine Panzerallianz gegründet werden, in der Deutschland im Konzert mit den europäischen und den transatlantischen Mächten eine wichtige, wenn nicht gar eine führende Rolle spielen könne. Auf eine entsprechende Entscheidung hofft Melnyk während des Ramstein-Treffens am morgigen Freitag.
Melnyk weiter: "Aber es geht jetzt nicht nur um Panzer. Wir brauchen auch neuere Waffensysteme, auch Kampfjets, die die Deutschen liefern könnten." Melnyk denkt dabei vor allem an Tornados, die in den nächsten Jahren ausgemustert werden. "Es könnte auch dort eine Allianz der Willigen geschmiedet werden, mit den USA, Frankreich und anderen Staaten, die uns unterstützen. Das könnte der entscheidende Punkt sein, um den Russen eine rote Linie zu zeigen und sie zu verdrängen. Das hoffen wir."
Den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius kenne er nicht, sagt Melnyk. Er wisse aber, dass Pistorius ein Realpolitiker sei. "Dem traue ich zu, dass er eine autonome Rolle spielen kann und dass er den Beschluss vom April umsetzt, in dem der Ukraine schwere Waffen versprochen worden sind. Danach war es zu oft ein Hütchenspiel."
Melnyk beklagt ein Katz- und Mausspiel bei den deutschen Waffenlieferungen. Von Pistorius wünscht er sich, dass er "das tut, was wir von ihm erwarten und dass die Deutschen uns mit aller Kraft, mit allem, was nur geht, unterstützen."
Röttgen geht von schneller Klärung der Panzerfrage aus
Im anschließenden Gespräch der Außenpolitiker prophezeit Norbert Röttgen von der CDU eine schnelle Entscheidung über die Genehmigung der Panzerlieferungen: "Ich wage den Tipp, dass die Panzerfrage am (heutigen) Donnerstag geklärt wird." Dann werde der Bundestag auf Antrag der Union eine entsprechende Debatte führen. Zudem wird Boris Pistorius als neuer Verteidigungsminister vereidigt. Röttgen glaube nicht, dass Scholz den neuen Minister mit dieser "sicherheitspolitischen Hypothek des Zauderns" in sein Amt schicken werde. Die Isolierung Deutschlands sei inzwischen so weit fortgeschritten, dass Scholz seine ablehnende Position so nicht mehr halten könne.
Ob sein SPD-Kollege Ralf Stegner das auch so sieht, wird nicht ganz klar. Scholz und Pistorius ließen sich von niemandem beeinflussen, auch nicht von der Opposition, sagt er. "Wir entscheiden gemeinsam mit unseren verbündeten Partnern, was passieren wird." Im Übrigen sei Deutschland international auch nicht isoliert. "Es ist ein deutscher Alleingang, sich zu verweigern, und der Druck steigt immer mehr", kontert Röttgen. "Es ist der Wind, den Sie machen, der den Druck auslöst", reagiert Stegner ziemlich genervt. Man müsse sich doch bloß einmal anschauen, was alles geliefert worden sei. Erst waren es die "Marder", danach kam sofort die Forderung nach den "Leoparden". "Und wie geht es dann weiter? Kommt dann die Forderung nach Flugzeugen? Und dann sind es irgendwann Truppen."
Das politische Ziel müsse doch sein, den Krieg aus Europa zu verbannen, so Röttgen. Dazu brauche es militärische Hilfe. "Und wir werden den Ukrainern das geben, was sie verlangen – bis zu der Stelle, dass wir unter keinen Umständen Kriegspartei werden dürfen." Deswegen käme ein Eingriff der NATO-Staaten mit Soldaten nicht infrage.
Stegner ist mit dieser Aussage nicht einverstanden. Das Ziel müsse ein Ende des Krieges sein, den Russland nicht gewinnen dürfe. Das funktioniere nur mit Diplomatie. "Wir müssen so viel Militär wie nötig und so viel Diplomatie wie möglich machen." Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin schließt Stegner jedoch aus. Er hofft auf den Druck durch Drittstaaten wie China, auf eine "Mischung aus militärischer Hilfe und anderem."
Quelle: ntv.de