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Insider berichten von Gesprächen Es könnten doch noch Gesetze durch den Bundestag kommen

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Friedrich Merz kann Scholz und Habeck dabei helfen, Gesetze über die Ziellinie zu bringen.

Friedrich Merz kann Scholz und Habeck dabei helfen, Gesetze über die Ziellinie zu bringen.

(Foto: picture alliance/dpa)

CDU-Chef Merz spricht davon, kein "Reserve-Rad" für die rot-grüne Minderheitsregierung werden zu wollen. Trotzdem könnte er nun entgegen früheren Äußerungen bei Gesetzesbeschlüssen helfen. Zur Debatte stehen verschiedenste Entwürfe.

Eigentlich hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die Parole ausgegeben, dass die CDU/CSU-Fraktion gar keine Gesetzesvorhaben der rot-grünen Minderheitsregierung mehr unterstützt vor den Neuwahlen im Februar. Bevor Kanzler Olaf Scholz nicht die Vertrauensfrage im Parlament gestellt habe, sollte noch nicht einmal darüber gesprochen werden. Doch in den Stillstand bis zur für den 16. Dezember geplanten Vertrauensabstimmung, die den Weg für die Neuwahlen freimacht, kommt Bewegung. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Bundestagskreisen sprechen sowohl die Fraktionsspitzen als auch Fachpolitiker vertraulich über genau dieses Thema: Welchen Gesetzen könnte die Opposition mit ihrer Zustimmung doch noch über die Ziellinie helfen? Dies könnte dazu führen, dass doch noch eine Reihe von Gesetzen in den Bundestag kommen.

Denn sowohl die Wirtschaft als auch die Bundesländer machen nach Informationen von Reuters Druck auf die rot-grüne Minderheitsregierung und die Opposition, wichtige Gesetze auf den Weg zu bringen, die durch das plötzliche Auseinanderfallen der Ampelregierung in den parlamentarischen Beratungen hängen geblieben sind. "Es kann nicht sein, dass man erst sagt 'Es kommt auf jeden Tag an' und nun droht, dass Entlastungen für die Unternehmen für Monate liegen bleiben", sagt ein Wirtschaftsvertreter. BDI-Präsident Siegfried Russwurm hatte schon vor Tagen öffentlich Beschlüsse vor der Wahl angemahnt. Am Montagabend empfing Scholz nach Angaben aus Teilnehmerkreisen die Spitzen von BDI, DIHK, BDA und ZDH im Kanzleramt.

Dennoch überlagerten tagelang taktische Überlegungen im Wahlkampf die Beratungen. Die rot-grüne Minderheitsregierung würde gerne noch viele Gesetze beschließen, auch um ihre Bilanz aufzubessern. Sie braucht dazu aber entweder die FDP oder die Union, um die Gesetzentwürfe auch nur auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Die Union zeigte sich bisher misstrauisch und will kein "Reserve-Rad" von Rot-Grün werden, wie Merz sagte. Die FDP, die selbst viele Projekte gemeinsam mit SPD und Grünen auf den Weg gebracht hat, überlegte, ob sie sogar eigene Gesetzesvorhaben opfern sollte, um Distanz zur Ampel zu demonstrieren.

Aber es kommt Bewegung in diese Positionen: FDP-Chef Christian Lindner etwa sagte am Wochenende, dass er für die Abmilderung der Kalten Progression stimmen würde, wenn SPD und Grüne dies auf die Agenda des Bundestages heben wollten. Die Grünen zeigten sich offen - wenn gleichzeitig das Kindergeld angehoben wird. Beides ist Teil des Steuerfortentwicklungsgesetzes, das dafür aber entschlackt werden müsste. Denn sowohl Union als auch FDP wollen nicht alle Elemente des komplexen Gesetzentwurfes mittragen.

Scholz will Kalte Progression bekämpfen

"Schön fände ich, dass die steuerlichen Entlastungen kommen, die wir für die Bürgerinnen und Bürger vorgesehen haben", sagte Kanzler Olaf Scholz in Anspielung auf die Kalte Progression. "Schön wäre, wenn wir alles tun könnten für Kinder, was möglich wäre", fügte er hinzu. Finanzminister Jörg Kukies betonte, dass die Finanzierung 2025 auch ohne Haushaltsabschluss gesichert wäre.

Scholz hat zudem gesagt, dass er gerne noch die Regelung der kommunalen Altschulden angehen und eine Deckelung der Strom-Netzentgelte für Firmen durchbringen würde. Ersteres wollen auch Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen. Letzteres halten die Wirtschaftsverbände für vordringlich. Finanziert werden könnte dies etwa über die nicht genutzten Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). "Idealerweise sollten die Übertragungs-Netzentgelte ab dem kommenden Jahr wieder auf dem Niveau der Jahre 2019 bis 2023 gedeckelt werden", heißt es in der Wirtschaft. Wirtschaftsminister Robert Habeck will dies noch über einen Nachtragshaushalt für 2024 regeln.

Aus der Wirtschaft kommt auch Druck, das Kohlenstoffspeicherungsgesetz noch zu beschließen, das die Abscheidung und Speicherung von CO2 in Deutschland erlauben soll. Eine erste Lesung im Bundestag gab es bereits am 27. September. Dasselbe gilt für den Gesetzentwurf zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuergesetz. Damit soll die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe dauerhaft gesichert werden. Die erste Lesung fand am 18. Oktober statt, eine Verabschiedung wäre also auch zeitlich kein Problem. Beschlüsse könnten nach dem 16. Dezember fallen. Ohnehin wird darauf verwiesen, dass auch noch Sitzungswochen im Januar und Februar möglich seien.

Die rot-grüne Minderheitsregierung hört nicht auf, neue Gesetzentwürfe einzubringen. So will das Bundeskabinett am Mittwoch noch das Gewalthilfegesetz beschließen, das den Schutz von Frauen vor Gewalt verbessern soll. Das Familienministerium äußerte sich optimistisch, dass der Bundestag das Gesetz noch vor der Wahl beschließen wird. Dasselbe gilt für das Justizministerium, das noch ein Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt vorlegen will. Auch gebe es gute Chancen auf eine überparteiliche Zustimmung im Bundestag, hieß es.

Quelle: ntv.de, toh/rts

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