Auswertung zu Emissionen 2022 Expertenrat sieht Klimaziele nur teilweise erreicht
17.04.2023, 11:44 Uhr
Nach den Berechnungen des Umweltbundesamtes sanken die Treibhausgasemissionen in Deutschland 2022 immerhin leicht um 1,9 Prozent.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Ernüchterung im Expertenrat für Klimafragen: Nach Prüfung der Zahlen des Umweltbundesamts bestätigt sich, dass nicht alle Klimaziele erreicht wurden. Emissionsminderungen seien teilweise nur auf die Energiepreiskrise zurückzuführen. Die Klimaschutzreform betrachtet der Rat mit Sorge.
Der Expertenrat für Klimafragen hat die Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen geprüft. Bis auf eine geringfügige Abweichung bei den Emissionen des Verkehrssektors stimmen die Berechnungen der Vorjahresemissionen, so der Expertenrat. Konkret geht es um die Zahlen des Umweltbundesamts (UBA). Demnach ist 2022 der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen leicht gesunken. Im Verkehr sowie im Gebäudebereich wurden allerdings mehr Treibhausgase emittiert.
Der Expertenrat für Klimafragen prüft die durch das UBA erstellten Daten der Treibhausgasemissionen, die jährlich im März für das Vorjahr vorgelegt werden. Der Rat setzt sich zusammen aus fünf unabhängigen Sachverständigen - der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, Hans-Martin Henning, ist aktuell Vorsitzender.
Nach den Berechnungen des UBA sanken die Treibhausgasemissionen in Deutschland 2022 leicht um 1,9 Prozent. Es wurden demnach rund 746 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt, gut 15 Millionen Tonnen weniger als 2021. Dem UBA zufolge sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland um 40,4 Prozent zurückgegangen. Die Zahlen des UBA sind vorläufig - endgültige Werte stehen erst zu Beginn des kommenden Jahres fest.
Doch da, wo die Zahlen positive Ergebnisse zeigen, könne man noch nicht aufatmen: "Das Emissionsgeschehen im Jahr 2022 war stark von der Energiepreiskrise geprägt. Insbesondere ist die deutliche Zielunterschreitung im Industriesektor im Wesentlichen auf energiepreisbedingte Produktionsrückgänge in der energieintensiven Industrie zurückzuführen und könnte daher von temporärer Natur sein", erklärte Ratsmitglied Barbara Schlomann.
Deutlicher Anstieg im Bereich Energie
Im Verkehrsbereich waren die Treibhausgasemissionen laut UBA allerdings leicht gestiegen. Auch im Gebäudesektor lag der Wert im Jahr 2022 oberhalb der im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Zielwerte und wurde somit bereits im dritten Jahr in Folge verfehlt. Im Bereich der Energie gab es gar einen deutlichen Anstieg. Als Grund dafür wurden Einsparungen beim Erdgas genannt - stattdessen setzte die Industrie vermehrt auf Stein- und Braunkohle, aber auch auf mehr erneuerbare Energien.
Der Expertenrat hat auch das Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von Ende März unter die Lupe genommen, insbesondere die umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes. Im Koalitionsausschuss Ende März hatten sich SPD, Grüne und FDP auf ein 16-seitiges Papier verständigt, das unter anderem eine Lockerung der Klimaschutzregeln vorsieht. Außerdem sollen neben Bahnstrecken auch bestimmte Autobahnprojekte, die Engpässe beheben sollen, beschleunigt werden. Die Rede ist von 144 Projekten.
"Entscheidend ist, dass die derzeit im Klimaschutzgesetz festgelegte Emissionsmenge kumuliert über das Jahrzehnt nicht überschritten werden darf. Dieser Budgetansatz ist ein zentraler Grundgedanke des Gesetzes", betont die stellvertretende Vorsitzende Brigitte Knopf. "Eine mögliche Aufweichung der ausdrücklichen Ressortverantwortung sowie die verschiedenen Überlegungen zur Änderung des Steuerungsmechanismus im Klimaschutzgesetz erhöhen das Risiko für zukünftige Zielverfehlungen", erklärt Knopf weiter und ergänzt: "Dies ist insbesondere kritisch vor dem Hintergrund unserer schon im Zweijahresgutachten festgestellten enormen Herausforderungen für die Erreichung der Ziele für die kommenden Jahre bis 2030."
Umweltorganisationen warfen der Ampel-Koalition eine Aufweichung von Klimaschutzregeln vor. Insbesondere mit der Aufgabe der Verpflichtung zur Umsetzung jedes einzelnen Sektorziels, werde das Klimaschutzgesetz entkernt.
Quelle: ntv.de, can/dpa