Scholz spricht von Rassismus Faeser zu Sylt-Video: "Schande für Deutschland"
24.05.2024, 13:21 Uhr Artikel anhören
Rassisten müssten überall Widerspruch erfahren - auch im Freundeskreis, sagt Faeser.
(Foto: picture alliance/dpa)
Das Entsetzen über Feiernde, die auf Sylt ausländerfeindliche Parolen skandieren, ist riesig. Auch die Bundesregierung findet klare Worte zu dem Vorfall: Während Kanzler Scholz von menschenverachtenden Äußerungen spricht, nennt Innenministerin Faeser die Grölenden eine Schande.
Der Vorfall mit rassistischem Gegröle auf Sylt wirft aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein schlechtes Licht auf das ganze Land. "Wer Nazi-Parolen wie 'Deutschland den Deutschen - Ausländer raus' grölt, ist eine Schande für Deutschland", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es stelle sich die Frage, "ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen tritt".
Die Frage sei auch, welches hasserfüllte Klima solche Leute dazu ermutige, sich so abgrundtief rassistisch in aller Öffentlichkeit zu äußern. "Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben", forderte die Ministerin. Rassisten müssten neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen überall - im Freundeskreis, bei der Arbeit, im Sport - lauten Widerspruch erfahren. "Es ist wichtig, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten gegen solchen Menschenhass", rief Faeser zur Zivilcourage auf.
Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte das rassistische Gegröle scharf. "Ganz klar: Solche Parolen sind ekelig, sie sind nicht akzeptabel", sagte der SPD-Politiker. "Und darüber darf es kein Vertun geben. Und deshalb ist es auch richtig, dass all unsere Aktivitäten darauf gerichtet sind, genau zu verhindern, dass das eine Sache ist, die sich verbreitet."
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es sei wichtig, dass die schleswig-holsteinische Polizei ermittle, auch müsse die Echtheit des Videos geprüft werden. "Klar ist jedenfalls: Was man da sehen und hören kann, ist zutiefst rassistisch, ist zutiefst menschenverachtend." Der Sprecher betonte, der Inhalt des Videos widerspreche allem, wofür Grundgesetz und Menschenwürde stünden.
Antirassismusbeauftragte: Fassungslos, dass keiner einschreitet
Grünen-Chefin Ricarda Lang reagierte schockiert auf das Video. "Wenn ich sowas sehe, dann wird mir einfach nur schlecht. Dann kann ich das kaum ertragen", sagte Lang am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Karlsruhe. "Was ist das für eine Wohlstandsverwahrlosung? Was ist das für ein absurder Wahnsinn?"
Einen Tag nach den Feiern zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes verwies Lang auf den ersten Artikel: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das gelte nicht nur für weiße Menschen, für Menschen mit deutschem Pass oder für Menschen, die hier aufgewachsen sind, sagte die Parteivorsitzende. "Sondern die Würde jedes Menschen ist unantastbar", betonte Lang. "Wenn unser Grundgesetz eines sagt, dann ist es: Nazis raus!"
Auch die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, zeigte sich schockiert über das Video. Dies sei ein Fall für die Polizei und die Strafgerichte, sagte sie. "Gäste eines Sylter Promi-Clubs zeigen hemmungslos offen und ohne Scham rechtsextreme und rassistische Parolen gegen Eingewanderte und ihre Nachkommen. Das ist widerlich und unerträglich."
Es mache fassungslos, dass keiner der Gäste einschreite und die Aussagen ächte, betonte Alabali-Radovan. "Es zeigt deutlich, dass Rechtsextremismus und Rassismus sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen ziehen und eben kein sogenanntes Randphänomen sind - sie reichen bis tief ins bürgerliche Milieu." Diese gefährliche Ideologie, die bestärkt worden sei durch verhetzende und enthemmte Debatten in den letzten Jahren, zersetze den Zusammenhalt der Gesellschaft. "Dem müssen wir uns entschlossen mit aller Kraft entgegenstellen."
Das Video, in dem junge Menschen vor einem Lokal auf der Nordsee-Insel Sylt rassistische Parolen grölen sollen, ist bundesweit auf große Empörung gestoßen. Das Lokal distanzierte sich in der Nacht zu Freitag von den Gästen und kündigte Konsequenzen an. In der nur wenige Sekunden langen Aufnahme, die seit Donnerstag in den sozialen Medien viral geht, grölen junge Männer und Frauen zur Melodie des Party-Hits "L'amour Toujours" von Gigi D'Agostino "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen".
Ein Mann scheint mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart anzudeuten. Die Betreiber des Lokals erklärten auf Instagram zu dem Video, sie seien "tief schockiert". "Wir distanzieren uns von jeder Art von Rassismus und Diskriminierung."
Quelle: ntv.de, spl/dpa