Politik

Exhumierung nach Flugzeugabsturz Fremde Leichenteile in Kaczynskis Sarg

Lech Kaczynski wurde mit seiner Frau Maria in einem gemeinsamen Sarg beerdigt. Doch in der letzten Ruhestätte liegen offenbar noch Leichenteile von weiteren Toten.

Lech Kaczynski wurde mit seiner Frau Maria in einem gemeinsamen Sarg beerdigt. Doch in der letzten Ruhestätte liegen offenbar noch Leichenteile von weiteren Toten.

(Foto: picture alliance / Tomasz Gzell/)

Um den Flugzeugabsturz von Smolensk ranken sich viele Verschwörungstheorien. Um Licht ins Dunkel zu bringen, ordnet die Regierung eine neue Untersuchung der Leichen an. Ein Ergebnis: Leichenteile wurden wohl vertauscht.

Lech Kaczynski war im April 2010 auf dem Weg zum 70. Gedenktag des Massakers von Katyn, als das Regierungsflugzeug im russischen Smolensk abstürzte. Lech Kaczynski und 95 weitere Insassen starben, darunter viele ranghohe Militärs und Politiker.

Seit Jahren werfen Mitglieder der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) der damaligen Regierung von Donald Tusk Nachlässigkeit bei den Ermittlungen vor. Seit ihrem Regierungsantritt 2015 lassen die Nationalkonservativen, die hinter dem Absturz einen Anschlag vermuten, den Fall neu ermitteln und alle Opfer exhumieren.

Bei der Bergung und Überführung der Leichen nach Polen kam es offenbar zu Verwechslungen von Opfern und Leichenteilen. In Kaczynski Sarg wurden bei einer erneuten Sektion der Toten laut der Warschauer Generalstaatsanwaltschaft Teile von zwei anderen Leichnamen entdeckt.

Laut dem stellvertretendem Generalstaatsanwalt Marek Pasionek wurden weitere Tote fehlerhaft identifiziert. In einem Sarg seien sogar Überreste von sieben anderen Menschen gewesen. Neun der 96 Toten wurden bei der Bestattung komplett vertauscht. Im Sarg des Erzbischofs Miron Chodakowski lag nur dessen Oberkörper und dazu der Unterkörper des Militärbischofs Tadeusz Płoski. Bisher wurden 24 Särge geöffnet und untersucht, die Exhumierungen sollen bis Frühjahr 2018 dauern.

"Fehler bei Identifizierung sind ein Skandal"

Im vergangenen Oktober hatte Kaczynski Zwillingsbruder und PiS-Chef Jarosław einer Exhumierung zugestimmt. In seinem Beisein wurden die Leichen aus ihren Särgen in der Krakauer Kathedrale geholt und an der Jagiellonen-Universität noch einmal untersucht, um die Todesursache festzustellen. Insgesamt sollten 83 Leichen untersucht werden. Hinterbliebene von 17 Absturzopfern kritisierten in einem offenen Brief die Exhumierung ihrer Angehörigen.

Die Verwechslung der Leichen dürfte den politischen Streit um die Flugzeugkatastrophe weiter anheizen. Die Fehler bei der Identifizierung der Absturzopfer seien ein Skandal, sagte PiS-Sprecherin Beata Mazurek nach Angaben der Agentur PAP. Regierungskritiker unterstellen der PiS wiederum, die Katastrophe zur Diskreditierung ihrer Vorgänger zu nutzen. Die Opposition warf der Staatsanwaltschaft nun vor, selektiv und zum Vorteil der Regierenden zu informieren. Die Behörden hätten weder Angaben dazu gemacht, wer für die Fehler verantwortlich sei, noch Erkenntnisse zur Anschlagstheorie geliefert.

In Polen gibt es zahlreiche Verschwörungstheorien über den Absturz. Jarosław Kaczyński vermutet eine Explosion an Bord, er hält einen Anschlag für wahrscheinlich. Bei den Untersuchungen der Leichen sollte daher auch nach Spuren von Sprengstoff gesucht werden. Untersuchungen russischer und polnischer Ermittler waren nach dem Absturz zu dem Ergebnis gekommen, das Regierungsflugzeug sei verunglückt, weil dem Piloten bei schlechtem Wetter ein Fehler unterlaufen sei.

Quelle: ntv.de, kpi/dpa

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