Politik

Karikatur einer Befragung Genervte Abgeordnete raten Scholz zur Hypnose

Der Zeuge Olaf Scholz erinnert sich nicht.

Der Zeuge Olaf Scholz erinnert sich nicht.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nicht als Regierungschef, sondern als beinharter Jurist tritt Scholz vor den Cum-Ex-Untersuchungsausschuss. Seine aufreizende Nichterinnerung können die Abgeordneten mit ihren Fragen nicht durchbrechen. Doch sein Fazit nimmt dem Kanzler keiner ab: "Da war nichts"?

Es ist genau 17.08 Uhr, als Olaf Scholz gefragt wird, ob er sich nicht freiwillig einer Hypnose unterziehen wolle. Damit, so stichelt der CDU-Obmann im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss in Hamburg, Richard Seelmaeker, könnte man vielleicht das Erinnerungsvermögen des Kanzlers wieder auffrischen. "Ich danke Ihnen dafür, dass Sie die Karikatur der Befragung selbst vornehmen", gibt der frühere Hamburger Erste Bürgermeister spitz zurück.

Der kleine Schlagabtausch trifft den Kern der zweiten Befragung von Scholz als Zeugen im Untersuchungsausschuss zu den Unklarheiten um die Steuerschuld der Warburg-Bank von 47 Millionen in den Jahren 2016 und 2017. Denn die Politiker von CDU, Grüne, Linke und AfD reagieren in der stundenlangen Befragung im Plenarsaal der Hamburger Bürgerschaft mal weniger, mal mehr genervt darauf, dass Scholz sich an den Inhalt von drei Treffen mit dem Miteigentümer der Warburg-Bank, Christian Olearius, in den Jahren nicht erinnern kann oder will.

"Ich bin auch nur ein Mensch"

Vor allem daraus könnte man aber schließen, ob er oder sein Nachfolger in Hamburg, der damalige sozialdemokratische Finanzsenator Peter Tschentscher, die Finger beim - später korrigierten - Steuererlass im Spiel hatten. "Es ist erschreckend, wenn er sich an wichtige Treffen nicht erinnern kann", kritisiert etwa Norbert Hackbusch von den Linken. Der Kanzler ist es dagegen nach zweieinhalb Jahren Aufklärungsarbeit und nach mittlerweile drei Stunden Befragung sichtlich leid, immer zu wiederholen, dass es doch bei mittlerweile mehr als 50 Zeugenbefragungen keinerlei Hinweis auf politische Einflussnahme gegeben habe. "Ich bin auch nur ein Mensch. Vielleicht wäre es an der Zeit, einfach zu sagen: Ok, da war nichts", antwortet er auf eine erneute Frage eines CDU-Politikers.

Angesichts der ungewöhnlich großen Medienpräsenz ist es auch ein Schauspiel für die Tribüne im Plenarsaal in Hamburg. Und dieses Stück läuft nach Meinung von SPD-Obmann Mike Pein eben nicht so ab wie ein strafrechtliches Verfahren: Statt Scholz schuldhaftes Verhalten nachzuweisen, fordert die Opposition, er müsse umgekehrt seine Unschuld beweisen. Es geht um das Vertrauen in den Politiker Scholz, das man zerschießen will. "Die Quelle für die Spekulationen ist doch gerade Ihre Art und Weise der Nichterinnerung", rechtfertigt Hackbusch den Ansatz. Nur deshalb könne geargwöhnt werden, dass eine für Hamburg so wichtige Warburg-Bank mit SPD-Hilfe nicht vielleicht doch ihre Probleme lösen konnte.

Scholz hält dagegen, sein politischer Stil sei schon als Bürgermeister gewesen, in Gesprächen keine Zusagen und Versprechen zu geben oder sich gar in Steuerfälle einzumischen. Am Ende drehen sich Spekulation und Erinnerungslücken und dreieinhalb Stunden im Kreis. Scholz, der wie alle Zeugen auf dem Sitz des Hamburger Ersten Bürgermeisters im Plenarsaal sitzt, wahrt dabei die meiste Zeit sein Pokerface - und gibt den Politiker, der keine Aufklärung fürchtet, weil er gar nichts zu verbergen hat.

"Alles ist vom Tisch"

Aber in Wirklichkeit sitzt dort vor allem der ausgebildete Jurist, der sich auch mit dem Beruf "Rechtsanwalt" und nicht etwa "Kanzler" vorstellt. Er weiß, wo die Grenzen dessen liegen, was er sagen muss. Fast ironisch wirkt es, als er auch auf die Frage des Grünen-Abgeordneten Farid Müller, ob er sich daran erinnern könne, wo er 2016 Urlaub gemacht habe, ebenfalls mit einem knappen "Nein" antwortet. Am Ende steht das, was fast jeden Untersuchungsausschuss auszeichnet - alle betonen vor den Kameras im Hamburg noch einmal ihre unveränderten Positionen.

Scholz tritt für 50 Sekunden auf und bekennt mit leichtem Lächeln, dass er selbst von der Kürze der Sitzung überrascht sei. "Alles ist mittlerweile vom Tisch. Da war nichts. Es hat keine Einflussnahme gegeben", sagt er und tritt ab. CDU und Linke geben sich ihrerseits empört - und arbeiten bereits daran, den Kanzler ein drittes Mal vor den Ausschuss in Hamburg zu bringen.

Quelle: ntv.de, mau/rts

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