Politik

Kabinett winkt Verordnung durch Hartz-IV-Empfänger erhalten mehr Geld

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"Die Digitalisierung verändert unser Leben - und wie wir arbeiten", sagte Hubertus Heil.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein sinkender Arbeitslosenbeitrag und höhere Hartz-IV-Sätze - das sieht der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Heil vor, der nun das Kabinett passiert. Doch die Opposition murrt und nennt die Erhöhung einen "Tropfen auf den heißen Stein".

Alleinstehende Hartz-IV-Empfänger erhalten im kommenden Jahr acht Euro mehr pro Monat. Der Regelsatz steigt damit auf 424 Euro. Eine entsprechende Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil passierte das Bundeskabinett. Wer mit einem anderen bedürftigen Erwachsenen wie dem Ehepartner in einer Wohnung lebt, für den steigt der Satz um 8 auf 382 Euro.

Für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren gibt es eine Erhöhung um 6 auf 322 Euro. Bis zur Vollendendung des sechsten Lebensjahres werden künftig 245 Euro gezahlt, 5 Euro mehr als bislang. Für Kinder von 6 bis 13 Jahren steigt die Leistung um 6 auf 302 Euro monatlich. Allein durch die geplante Anhebung der Sätze entstehen laut Verordnungsentwurf jährliche Mehrkosten von 480 Millionen Euro. 460 Millionen entfallen dabei auf den Bund, 20 Millionen Euro auf die Kommunen.

Grünen-Sozialexperte Sven Lehmann nannte die Erhöhung einen "Tropfen auf dem heißen Stein". Heil verwies darauf, dass die Anpassung einem festgelegten Mechanismus folge. Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen, dies gilt aber als sicher.

Darüber hinaus will die Bundesregierung konjunkturbedingt sprudelnde Einnahmen der Arbeitslosenversicherung für Beitragssenkungen und einen kräftigen Ausbau der Weiterbildung nutzen. Der Zugang zum Arbeitslosengeld soll zudem erleichtert werden, wie ein beschlossener Gesetzentwurf von SPD-Politiker Heil vorsieht.

"Baustein für nationale Weiterbildungsstrategie"

Der Arbeitslosenbeitrag wird zum 1. Januar 2019 von 3 auf 2,5 Prozent des Bruttoeinkommens gesenkt. Mit dem Gesetz ist eine dauerhafte Senkung auf 2,6 Prozent geplant. Mit einer zugleich beschlossenen Verordnung will Heil gemäß eines Koalitionskompromisses vom August den Beitragssatz zudem befristet um weitere 0,1 Punkte bis Ende 2022 senken.

Der Beitrag verringert sich somit bei einem Bruttolohn von 2000 Euro 2019 um 10 Euro, wobei Arbeitnehmer und -geber jeweils um die Hälfte entlastet werden. Vorher muss das Gesetz noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Die Weiterbildung von Beschäftigten soll unabhängig von Ausbildung, Alter und Betriebsgröße ermöglicht und damit verbreitert werden. Auch Aufstocker, die ihren geringen Lohn mit Hartz IV aufbessern, soll es eine solche Weiterbildungsförderung geben. Heil sieht sein nun auf den Weg gebrachtes "Qualifizierungschancengesetz" als Baustein für eine nationale Weiterbildungsstrategie.

"Die Digitalisierung verändert unser Leben - und wie wir arbeiten", sagte er. "Darauf müssen wir uns auch in der Arbeitsmarktpolitik vorbereiten, um Chancen und Schutz im Wandel zu gewährleisten." Die Beitragssatzsenkung entlaste die Beitragszahler im kommenden Jahr zudem um insgesamt rund sechs Milliarden Euro. FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel hielt dem entgegen, zeitgleich erhöhe die Regierung den Pflegebeitrag um 0,5 Prozentpunkte und verhindere die eigentlich gebotene Senkung des Rentenbeitrags.

Beitragssenkung kostet 1,2 Milliarden jährlich

Arbeitslose sollen durch das Gesetz auch leichter Arbeitslosengeld I beziehen können. Sie sollen künftig dafür innerhalb von 30 Monaten mindestens 12 Monate Beiträge gezahlt haben müssen. Heil hatte sich nicht durchsetzen können mit seinem Vorhaben, dass die Mindestversicherungszeit auf 10 Monate innerhalb von 36 Monaten gesenkt wird. Heute muss man mindestens 12 Monate in den letzten 24 Monaten versichert gewesen sein, um Arbeitslosengeld zu erhalten.

Die Pläne führen zu weniger Einnahmen und mehr Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) von bis zu 6,2 Milliarden Euro pro Jahr. Die befristet stärkere Beitragssenkung kostet 1,2 Milliarden jährlich. Dazu kommen Mehrkosten des Bundes von 220 Millionen Euro. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer nannte das Ziel von mehr Förderung der Weiterbildung richtig. Die BA müsse sich aber auf Geringqualifizierte, Ältere und Mitarbeiter in kleinen und mittleren Unternehmen konzentrieren. Denn die deutschen Arbeitgeber investieren bereits jedes Jahr über 33 Milliarden Euro in die Weiterbildung.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Auch Arbeitgeber, Länder und der Bund müssen mehr für Weiterbildung tun." Der Sozialverband VdK Deutschland kritisierte, statt Beiträge zu senken, sollte Älteren länger Arbeitslosengeld bezahlt werden. Linksfraktionsvize Sabine Zimmermann nannte das Gesetz enttäuschend: "Ein Recht auf Weiterbildung ist notwendig und längst überfällig, aber Fehlanzeige."

Quelle: ntv.de, fzö/dpa

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