Besuch im Westjordanland Israelische Siedler beobachten Baerbock mit Drohne
08.01.2024, 16:28 Uhr Artikel anhören
Als Ministerin Baerbock ihr Pressestatement gab, bewegte sich die Drohne um die Delegation herum.
(Foto: dpa)
Bei ihrem Besuch im Westjordanland bekommt Außenministerin Baerbock selbst zu spüren, wie es ist, von israelischen Siedlern eingeschüchtert zu werden. Eine Drohne kreist über ihrer Delegation. Die Grünen-Politikerin fordert Israel auf, dem Treiben der radikalen Bevölkerung ein Ende zu setzen.
Bei ihrem Besuch im Westjordanland hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Israel nachdrücklich aufgefordert, die palästinensische Bevölkerung besser vor Übergriffen gewalttätiger Siedler zu schützen. Baerbock sprach nach einer Unterredung mit von Siedlern bedrängten Bewohnern des Dorfs al-Masraa al-Kiblija von "Einschüchterung, die tagtäglich hier vor Ort passiert". Der Ort mit gut 5000 Einwohnern ist von mehreren israelischen Siedlungen umgeben.
Während Baerbock am Ortsrand mit den Bewohnern sprach, flog aus Richtung des jüdischen Siedlungspostens eine Drohne nach al-Masraa al-Kiblija; sie kreiste einen Moment über der Ministerin und ihren Gesprächspartnern - und flog dann wieder zurück. Die Drohne sei gekommen "offenbar um zu sehen und zu hören, was wir hier tun", sagte Baerbock. "Eine Drohne, die tagtäglich über den Menschen kreist, die eigentlich hier zu Hause sind, um sie offensichtlich abzuschrecken und von hier zu vertreiben."
Ein betroffener Landwirt schilderte unter anderem, er könne seine Gemüse- und Obstfelder nicht mehr bestellen, weil die Siedler Straßen gesperrt und ihn und seine Familie angegriffen hätten. Man habe ihm auf den Kopf geschlagen und er sei mit Pfefferspray besprüht worden. Auch seine Töchter seien attackiert worden, schilderte der 70 Jahre alte pensionierte Lehrer. Die Israelis hätten versucht, Häuser in Brand zu setzen, und ihn aus seinem Haus vertrieben, das in einem Tal zwischen der palästinensischen Ortschaft und der Siedlung liegt. Die Siedlergewalt habe nach der Terrorattacke der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober noch einmal zugenommen.
Baerbock sagte: "Es ist die Verantwortung der israelischen Armee, die Palästinenserinnen und Palästinenser vor gewaltsamen Siedlern zu schützen." Zudem sei es die "Verantwortung der israelischen Regierung, bei Angriffen auf Menschen, die hier legitim wohnen und die illegal angegriffen werden, den Rechtsstaat umzusetzen und durchzusetzen". Weiter sagte die Grünen-Politikerin: "Das, was hier passiert, ist illegal - illegal unter israelischem Recht und illegal unter internationalem Recht."
"Palästinensisches Leben ist hier unmöglich"
Nach ihrem Gespräch mit den Dorfbewohnern berichtete die Ministerin von "Menschen, die nicht mehr zu ihrem eigenen Wohnhaus können, die nicht mehr zu ihrem eigenen Feld können". Viele Menschen hier könnten "aus Angst vor Gewalt vor radikalen Siedlern, die gleich neben ihren eigenen Häusern sich angesiedelt haben, nicht mehr hier wohnen. Ihre Kinder können nicht mehr hier zur Schule gehen, und sie können ihre Ernte hier nicht mehr einholen." Baerbock fügte hinzu: "Das heißt, palästinensisches Leben ist hier unmöglich."
Im Jahr 2000 hatten jüdische Siedler einen illegalen Außenposten auf dem Hügel gegenüber von al-Masraa al-Kiblija errichtet. Seitdem kommt es immer wieder zu Zusammenstößen. Die Bundesaußenministerin unterstrich die Forderung nach einer Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern. Sie betonte: "Der Siedlungsbau ist illegal. Er untergräbt den dauerhaften Frieden und gefährdet die Zweistaatenlösung und gefährdet damit auch die Sicherheit Israels." Mit Zweistaatenlösung ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger, demokratischer Palästinenserstaat friedlich nebeneinander existieren.
In Ramallah traf Baerbock den palästinensischen Außenminister Riad al-Maliki. Im Sechs-Tage-Krieg hatte Israel 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben inzwischen Hunderttausende Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa