Ein Ultimatum ohne Ende Juncker ist enttäuscht von "Freund" Tsipras
07.06.2015, 14:37 Uhr
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk bei einer Pressekonferenz auf Schloss Elmau.
(Foto: REUTERS)
Der Präsident der EU-Kommission hebt sein gutes Verhältnis zum griechischen Ministerpräsidenten hervor. In der Sache bleibt er hart: Tsipras habe ein versprochenes Sparkonzept noch immer nicht vorgelegt.
Man kann schon einmal durcheinanderkommen bei all den Deadlines, die Griechenland schon gesetzt wurden. Mal muss das Land eine große Summe an einen Gläubiger zurückzahlen, dann soll es Reformvorschläge vorlegen. Ständig werden Daten genannt - ohne dass bislang etwas passiert wäre, wenn Griechenland nichts liefern konnte.
Die Frage auf der Pressekonferenz auf Schloss Elmau, kurz vor Beginn des G7-Gipfels, ist daher naheliegend: "Welche Deadline gilt denn nun?" EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gibt eine interessante Antwort: "Es wird sicher eine Deadline geben", sagt er. "Aber ich sage nicht, wann." Die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern wirken wie ein Spiel, bei dem es darum geht, wer sich am wenigsten bewegt. Und offensichtlich kann dieses Spiel noch eine Weile weitergehen.
Griechen zu Verhandlungen nicht imstande
Die Schuldenkrise in Griechenland nimmt keinen eigenen Tagesordnungspunkt auf der Agenda des G7-Gipfels ein. Dennoch wird das Thema wohl besprochen. Mit der Bundeskanzlerin, dem französischen Präsidenten, dem italienischen Ministerpräsidenten, dem EU-Kommissionspräsidenten und dem EU-Ratspräsidenten sitzen fünf Akteure der Rettungspolitik mit am Tisch. Auch die weiteren Gipfelteilnehmer Großbritannien, Japan, Kanada und die USA haben ein Interesse an der Lösung der Probleme: Sie wollen verhindern, dass Griechenland die Eurozone verlässt, weil sich das negativ auf die Weltwirtschaft auswirken könnte.
Am Montag hatten die Institutionen nach einem Treffen im Bundeskanzleramt Griechenland ein neues Angebot gemacht. Am Mittwoch war der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras zu Besuch bei Juncker in Brüssel, um über dieses Angebot zu sprechen. Juncker gab einen Einblick in den Stand der Verhandlungen: Er habe seinem "Freund" Tsipras seine Position dargelegt und erklärt, wo es Raum für weitere Verhandlungen gebe.
Diese Verhandlungen hätte Juncker, so erzählt er, gerne sofort begonnen. Doch dazu sei die griechische Seite nicht imstande gewesen. Tsipras habe stattdessen für Donnerstagabend einen neuen Vorschlag angekündigt, am Samstag wollten die beiden telefonieren.
Juncker: Bin offen für Verhandlungen
Tsipras hielt am Freitag eine Rede vor dem griechischen Parlament, in der er das vorliegende Angebot als "absurd" zurückwies. Juncker kommentierte das mit den Worten, er sei "etwas enttäuscht" von dieser Rede. Tsipras habe den Vorschlag als ein "leave or take"-Angebot dargestellt. Also so, als wollten die Institutionen nicht weiter darüber verhandeln. Aber so sei es nicht gemeint gewesen. Er, Juncker, sei offen für weitere Verhandlungen.
Allerdings lieferte Tsipras laut Junker sein Gegenangebot nicht bis Donnerstagabend und auch nicht am Freitag. Darum habe Juncker das geplante Telefonat abgesagt. Bis heute habe Tsipras nichts übermittelt. Wenn die griechische Reformliste bald vorliege, könne man am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels darüber verhandeln, der am kommenden Mittwoch in Brüssel stattfindet, deutete Juncker an.
Juncker schloss abermals den "Grexit", den Austritt Griechenlands aus der Eurozone, aus. Er wolle das nicht, weil er die Folgen nicht absehen könne. Allerdings warnte er die Journalisten davor, daraus falsche Schlüsse zu ziehen: "Man kann daraus nicht ableiten, dass wir irgendwann ein Kaninchen aus dem Hut ziehen werden und der weitere Weg keine neuen Anstrengungen erfordert."
Quelle: ntv.de