Schwierige Lage in Südafrika Kompromissloser ANC sucht Koalitionspartner
02.06.2024, 15:50 Uhr Artikel anhören
Der Generalsekretär des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Fikile Mbalula, informiert die Medien über die Ergebnisse der Wahlen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Bei den Wahlen in Südafrika ist der ANC der große Verlierer, aber noch immer stärkste Kraft. Will er nicht als Minderheitsregierung das Land führen, muss er Koalitionspartner suchen. Die stehen bereit, stellen aber bereits Forderungen. Eine wird der ANC auf keinen Fall erfüllen.
Nach der historischen Wahlniederlage bei der Parlamentswahl in Südafrika will der seit 30 Jahren allein regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) Gespräche mit anderen Parteien zur Bildung einer Koalitionsregierung aufnehmen. Der ANC strebe die Bildung einer Regierung an, "die den Willen des Volkes widerspiegelt, stabil ist und effektiv regieren kann", sagte ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula vor Journalisten.
Der Forderung möglicher Koalitionspartner nach einem Rücktritt von Präsident Cyril Ramaphosa erteilte der ANC dagegen eine Absage. Ramaphosa werde Parteichef bleiben, stellte Mbalula klar. Forderungen, wonach er vor einer Aufnahme von Koalitionsgesprächen beiseitetreten müsse, seien ein "No-Go-Gebiet", betonte Mbabula. "Präsident Ramaphosa ist der Präsident des ANC."
Seine Partei sei offen für Gespräche mit jeder anderen Partei, um eine Regierung zu bilden. Doch "wird uns, dem ANC, keine politische Partei die Bedingungen vorgeben", erklärte der Generalsekretär. Zwar räumte er ein, dass der ANC, der Südafrikas Politik seit dem Ende der Apartheid 1994 dominiert hat, bei der Wahl schwere Verluste habe hinnehmen müssen. Doch sei seine Partei nicht "rausgekickt" worden.
Dennoch werde die Partei "in den kommenden Tagen" interne Gespräche sowie Gespräche mit anderen Parteien führen, fügte er hinzu. Die Wähler hätten gezeigt, "dass sie von den Führern dieses Landes erwarten, dass sie im Interesse aller zusammenarbeiten", betonte Mbalula.
ANC verliert gut 17 Prozentpunkte
Der ANC des amtierenden Präsidenten Cyril Ramaphosa kam nach Auszählung von 99,91 Prozent der Stimmen auf 40,2 Prozent. Damit hat die Partei die absolute Mehrheit verloren. 2019 konnte sie noch 57,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Sie ist nach wie vor stärkste Kraft, aber enttäuscht über das Ergebnis. "Es gibt nichts zu feiern", fasste Mbalula die Lage zusammen. "Wir möchten den Menschen in Südafrika versichern, dass wir sie gehört haben. Wir haben ihre Sorgen, ihre Frustrationen und ihre Unzufriedenheit gehört."
Beobachter rechneten damit, dass die Partei des Anti-Apartheid-Kämpfers und Ex-Präsidenten Nelson Mandela sich nun um eine Koalitionsregierung bemüht - oder aber eine Minderheitsregierung anstrebt. Noch im Juni müssen die Abgeordneten den nächsten Präsidenten der zweitgrößten Industrienation Afrikas wählen.
Die größte Oppositionspartei, die mitte-rechts ausgerichtete Demokratische Allianz (DA), erhielt den Zahlen der nationalen Wahlkommission zufolge 21,8 Prozent der Wählerstimmen, gefolgt von der Partei MK von Ex-Präsident Jacob Zuma mit 14,6 Prozent. Die MK war erst vor wenigen Monaten gegründet worden. Dahinter landete den Zahlen zufolge die linksradikale EFF mit 9,5 Prozent der Stimmen.
In Südafrika waren am Mittwoch rund 27,6 Millionen registrierte Wähler aufgerufen gewesen, über die Besetzung des 400 Sitze starken Parlamentes abzustimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,6 Prozent und damit deutlich unter den 66 Prozent vom Jahr 2019.
Das Parlament muss nun innerhalb von 14 Tagen nach der offiziellen Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse zusammentreten und einen Präsidenten wählen. Beobachter rechneten mit schwierigen Verhandlungen über die Regierungsbildung. Die MK teilte mit, eine ihrer Bedingungen für eine Einigung sei, dass Ramaphosa als ANC-Vorsitzender und Präsident abgesetzt werde.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP/AP