"Krankenhäuser in größter Not" Lauterbach will Klinikreform trotz scharfer Kritik durchdrücken
13.03.2023, 18:05 Uhr
"Wenn wir die Reform nicht machen sollten, sehe ich für viele Krankenhäuser keine Perspektive", warnt Lauterbach.
(Foto: picture alliance/dpa)
Personalmangel und Inflation machen den Kliniken schwer zu schaffen. Gesundheitsminister Lauterbach macht sich deshalb für eine Reform der Krankenhäuser stark. Schwierige Fälle sollen so stärker zentralisiert werden. Länder und Opposition warnen jedoch vor den Konsequenzen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD hat beim Krankenhausgipfel für seine Reformpläne geworben. Die Qualität der medizinischen Versorgung würde verbessert, wenn schwierige Fälle und Behandlungen stärker zentralisiert würden, sagte Lauterbach in Berlin zu Beginn eines Treffens mit Vertretern der Länder, des Bundestags und des Gesundheitswesens. Von der Union und aus einigen Bundesländern gab es dagegen Kritik an den Plänen.
Lauterbach verwies auf die schwierige Lage vieler Kliniken: "Die Krankenhäuser sind in größter Not." Er gehe davon aus, dass sehr viele Krankenhäuser in eine Insolvenzgefahr geraten werden. Die Lage sei noch nie so trist und schwierig gewesen. Besonders Investitionsstau, Personalmangel und die Inflation machten den Krankenhäusern zu schaffen. "Wenn wir die Reform nicht machen sollten, sehe ich für viele Krankenhäuser keine Perspektive.
Das Reformkonzept Lauterbachs sieht vor, dass Kliniken zukünftig in die drei Kategorien Grundversorgung, Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorgung eingeordnet werden. Zudem ist eine Änderung des Vergütungssystems geplant. Unter anderem soll das bisher zur Finanzierung angewandte Fallpauschalen-System abgeschafft werden.
"Wirtschaftliche Situation extrem schwierig"
Auch Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), warnte zu Beginn des Gipfels vor der "extrem schwierigen" wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser. Er zeigte sich grundsätzlich offen für die Reform, forderte aber zunächst "ein Vorschaltgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser". "Die Krankenhäuser liegen im Schockraum der Notaufnahme, und viele Kliniken werden die politische Therapie des Abwartens nicht überleben", warnte er und sprach von monatlich auflaufenden Defiziten von 740 Millionen Euro. "Wenn nichts passiert, stehen wir Ende 2023 bei minus 15,6 Milliarden Euro."
Lauterbach sagte, die Krankenhäuser müssten zunehmend für die ambulante Versorgung geöffnet werden. Viele Eingriffe, die heute stationär vorgenommen würden, könnten "sehr gut ambulant gemacht werden." Der Minister betonte, dass die Versorgung in ländlichen Gebieten gesichert bleiben solle. Kleinere Krankenhäuser sollten zielgerichtet die Bedürfnisse der Kommunen bedienen.
Eine Reform soll mit Zustimmung des Bundesrats verabschiedet werden, Lauterbach will bis zum Sommer Eckpunkte vorlegen. Aus den Ländern kommt aber Widerstand: Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein lassen die Verfassungsmäßigkeit der Reform prüfen. Dazu sagte Lauterbach, dass er ein solches Gutachten begrüße. "Wir wollen nicht an das Planungsrecht der Länder heran."
Scharfe Kritik aus der CDU
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU sagte bei dem Gipfel, es sei entscheidend, dass die Länder ihre Kompetenzen bei der Krankenhausplanung behielten. Die Versorgung in Deutschland sei sehr unterschiedlich. "Ich kann nicht zulassen, dass wir eine Bundesschablone über die Krankenhäuser legen."
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge von der CDU, warf Lauterbach vor, die Länder vor den Kopf zu stoßen. "Er geht nicht kooperativ vor und wundert sich jetzt, dass die Länder sagen: 'So geht das nicht'", sagte Sorge dem Südwestrundfunk.
Der Leiter der Regierungskommission, welche die Reformvorschläge erarbeitet, wies Kritik dagegen zurück. Kleinere Kliniken sollten sich stärker auf die Grundversorgung konzentrieren und kompliziertere Eingriffe in entsprechend ausgestatteten Krankenhäusern gebündelt werden, sagte der Psychiater Tom Bschor der "taz". Dafür sollten die Grundversorger anders als bisher über hohe Vorhaltepauschalen finanziert werden. "Die Krankenhausplanung ist und bleibt Ländersache", betonte er. Schließungen seien nicht beabsichtigt.
Warnung vor "unkontrolliertem Krankenhaussterben"
Das Bündnis Klimarettung, in dem unter anderem regionale Gruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Krankenhäusern sowie Patienten und Gewerkschaften organisiert sind, kritisierte dagegen einen "radikalen Schließungskompromiss". Es gehe in der Debatte nur darum, wie viele Krankenhäuser schließen sollten, erklärte Sprecherin Laura Valentukeviciute.
Ates Gürpinar von der Linkspartei warnte vor einem "unkontrollierten Krankenhaussterben". Die Bundesregierung müsse "jetzt schnell handeln und die Fallpauschalen aussetzen, bis die geplante Krankenhausreform wirksam wird", forderte der Sprecher für Krankenhauspolitik der Linken-Bundestagsfraktion.
Der Verband der Ersatzkassen mahnte, die Versicherten erwarteten, "dass alle Beteiligten bei der Krankenhausreform konstruktiv zusammenarbeiten und Verantwortung für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung übernehmen."
Quelle: ntv.de, can/AFP/dpa