"Spielräume erst erarbeiten" Lindner will den Spar-Griff nicht lockern
03.07.2023, 10:29 Uhr Artikel anhören
Für die Kindergrundsicherung hat Lindner zwei Milliarden Euro als "Merkposten" zurückgestellt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt: Finanzminister Lindner weist schon vor der Präsentation des Etats für 2024 auf die begrenzten Möglichkeiten in den folgenden Jahren hin. Selbst seine eigenen Pläne für Wirtschaftsimpulse fallen zurückhaltender aus. Über allem steht weiter die Konsolidierung.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Ampel-Regierung auf einen langen Sparkurs eingeschworen. "Das wird schwer bleiben", sagte der FDP-Chef dem "Handelsblatt" mit Blick auf die nächsten Haushaltsverhandlungen und kündigte an, Löcher in der bis 2027 reichenden Finanzplanung auszuweisen: "Damit niemand die Größe der Herausforderung übersehen kann." Für Projekte in der Zukunft müsse sich die Ampel "erst Spielräume erarbeiten", sagte er weiter. "Wer etwas Neues finanzieren will, muss sagen, woher das Geld kommen soll. Sprich, was nicht mehr finanziert werden soll."
Zudem sei mit dem Haushalt nur der Einstieg in die Konsolidierung gelungen. Jetzt müsse es darum gehen, "trotz steigender Verteidigungsausgaben, hoher Belastungen durch Zinsen und Sozialausgaben den Haushalt stärker auf Bildung, Innovation, Investitionen und Wachstumsimpulse auszurichten", sagte Lindner.
Als "Merkposten" für die in der Ampel umstrittene Kindergrundsicherung habe er in der Finanzplanung für 2025 "zwei Milliarden Euro veranschlagt", sagte Lindner. Familienministerin Lisa Paus hatte ursprünglich zwölf Milliarden Euro gefordert. Lindner warnte zudem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir davor, die Agrardieselbeihilfe zu streichen. Özdemir sollte "genau erwägen, ob man die Haushalte der Länder dadurch entlasten sollte, dass man die landwirtschaftlichen Betriebe belastet". Das sei "auch eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit".
"Politik muss sich grundlegend ändern"
Lindner stellte zudem in Aussicht, geplante Steueranreize für Unternehmen in den nächsten Jahren Stück für Stück auszubauen. Im Sommer wolle Lindner ein "Steuerreformgesetz" beschließen, das Steueranreize für Firmen beinhalten soll, die in Klimatechnologien investieren. Aufgrund der schwierigen Haushaltslage werde diese "Investitionsprämie" zu Beginn einen geringeren Umfang haben als ursprünglich geplant. "Selbst wenn wir da kleiner starten, soll sie ausgebaut werden", sagte er. So ähnlich geht die Ampel-Koalition laut den Angaben bei der steuerlichen Forschungsförderung vor, die von der Großen Koalition eingeführt worden war und die Lindner ebenfalls ausbauen will.
Der FDP-Chef hält die Anreize für geboten, weil er den Standort Deutschland bedroht sieht. "Die Wertschätzung für deutsche Technologie ist nach wie vor hoch. Aber es gibt Skepsis, warum wir uns in den vergangenen Jahren zunehmend selbst gefesselt haben", sagte Lindner. "Es muss sich vieles fundamental gegenüber dem ändern, wie die letzten zehn Jahre Politik gemacht wurde." Ginge es nach ihm, würde die Wirtschaft sofort vom Solidaritätszuschlag befreit. "Das wäre der schnellste Weg, um im steuerlichen Bereich Standortnachteile zu schließen." Dafür gibt es momentan allerdings keine Mehrheit in der Ampel-Koalition.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ