Politik

Veto als Brexit-Faustpfand? London blockiert EU-Kommandozentrale

Innenpolitik oder Druckmittel? Die Regierung in London legt beim EU-Kommandozentrum ihr Veto ein.

Innenpolitik oder Druckmittel? Die Regierung in London legt beim EU-Kommandozentrum ihr Veto ein.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Die EU will einen gemeinsamen Stab zur Planung und Führung von Auslandseinsätzen einrichten - doch Großbritannien verweigert die Zustimmung. Diplomaten fürchten, dass die Briten ihr "Ja" nur gegen Zugeständnisse bei den Brexit-Verhandlungen geben wollen.

Großbritannien blockiert den Aufbau einer Kommandozentrale für gemeinsame Militäreinsätze der EU-Staaten. Bei einem Außenministertreffen in Brüssel konnten wegen fehlender Zustimmung der Regierung in London nicht die notwendigen Beschlüsse auf den Weg gebracht werden, wie es aus EU-Kreisen heißt.

Den Teilnehmern blieb deswegen nichts anderes übrig, als die Entscheidung zu vertagen. Der Aufbau der Kommandozentrale bleibe ein kurzfristiges Ziel, heißt es lediglich in einem Text, den die Minister billigten. Der britische Außenminister Boris Johnson nannte bei dem Treffen keine konkreten Gründe für die Blockadehaltung seines Landes. Er versicherte lediglich, dass Großbritannien keine grundsätzlichen Einwände gegen eine engere Zusammenarbeit der anderen EU-Staaten habe. "Wenn sie gemeinsam entsprechende Verabredungen treffen wollen, werden wir ihnen nicht im Wege stehen", sagte er. Es müsse nur klar sein, was wirklich geplant sei.

Druckmittel oder Wahl-Taktik?

Weil Großbritannien auch in Vorgesprächen keine wirklichen Erklärungen für sein Veto geliefert hatte, wird in EU-Kreisen vermutet, dass die Blockadehaltung Londons auch etwas mit den anstehenden Brexit-Verhandlungen zu tun haben könnte. Theoretisch könnten die Briten versuchen, mit Vetos Zugeständnisse zu erzwingen, da sie bis zum geplanten EU-Austritt im Jahr 2019 voll stimmberechtigt sein werden und zahlreiche EU-Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden können.

Als andere mögliche Erklärung gilt die im Juni bevorstehende Parlamentsneuwahl in Großbritannien. Politiker könnten Angst haben, dass sie von Wählern als Unterstützer eines EU-Projekts wahrgenommen werden, das nach dem Brexit unvorteilhaft für Großbritannien sein könnte, heißt es. In Großbritannien wird traditionell die Ansicht vertreten, dass die europäische Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen vor allem über die Nato organisiert werden sollte.

"Es wird diese Kommandozentrale geben"

Der für die Bundesregierung an den Beratungen teilnehmende Staatsminister Michael Roth machte allerdings klar, dass die Blockade letztlich erfolglos sein werde. "Es wird diese Kommandozentrale geben. Die Frage ist wann", kommentierte er. Über das neue Hauptquartier sollen vor allem zivile und militärische EU-Operationen zur Krisenprävention und Krisenbewältigung künftig besser aufeinander abgestimmt werden. In Mali gibt es neben der Militärausbildung beispielsweise auch eine EU-Mission zur Beratung von Polizei, Nationalgarde und Gendarmerie.

Die Grundsatzentscheidung zum Aufbau der Kommandozentrale war bereits Anfang März getroffen worden. Damit mit ihrer Umsetzung begonnen werden kann, bedarf es allerdings weiterer Beschlüsse, mit denen zum Beispiel der genaue Aufgabenbereich und die Befehlsketten festgelegt werden.

Am Donnerstag werden die Verteidigungsminister der EU-Staaten noch einmal darüber beraten, wie das Hauptquartier so schnell wie möglich eingerichtet werden kann. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen ist es aber unwahrscheinlich, dass die Briten bis dahin einlenken.

Quelle: ntv.de, jgu/dpa

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