Es war "ökonomisch billiger" Merkel erklärt, wie es zu Nord Stream 2 kam
18.06.2022, 00:55 Uhr
"Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößten Atommacht der Welt", sagt Merkel.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach den Verhandlungen über das Minsker Abkommen hielt die damalige Kanzlerin Merkel die Pipeline für vertretbar. Sie erklärt, was gegen und was für Nord Stream 2 sprach, und rekapituliert die Ereignisse bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine. Mit dem Schluss, dass Gas dahingehend "keine Waffe" gewesen sei.
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die umstrittene Entscheidung für den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 trotz der russischen Annexion der Krim verteidigt und sie unter anderem mit der Rücksicht auf die deutsche Wirtschaft begründet. "Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößten Atommacht der Welt", sagte das CDU-Mitglied Merkel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Vor diesem Hintergrund habe sie die Pipeline nach den Verhandlungen über das Minsker Friedensabkommen für die Ostukraine für vertretbar gehalten.
Es sei aber keine einfache Entscheidung gewesen. "Die damalige These lautete: Wenn Nord Stream 2 in Betrieb ist, wird Putin durch die Ukraine kein Gas mehr liefern oder sie sogar angreifen." Der Westen habe dafür gesorgt, dass durch die Ukraine trotzdem Gas geliefert wurde und sie so weiter Transitgebühren erhalten habe. Putin habe dann die Ukraine am 24. Februar angegriffen, obwohl durch Nord Stream 2 noch kein einziger Kubikmeter Gas geflossen war. "In diesem Sinne war Gas keine Waffe", sagte Merkel.
Sie verwies auf die damals schon hohen Energiepreise durch Förderung der erneuerbaren Energien, den Atomausstieg und den Beginn des Kohleausstiegs. "Die deutsche Wirtschaft hatte sich damals für den leitungsgebundenen Gastransport aus Russland entschieden, weil das ökonomisch billiger war als Flüssiggas aus Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten und später auch aus den USA." Politisch sei es darum gegangen, ob anstelle russischen Gases das erheblich teurere und ökologisch umstrittene Flüssiggas "gegen den Wunsch der Wirtschaft, gegen die industrielle Stärke Deutschlands" gekauft werde.
Merkel betonte: "Wir waren bereit, den Bau von zwei LNG-Terminals in Deutschland mit Steuergeldern zu fördern. Doch bis zum letzten Tag meiner Amtszeit baute kein Unternehmen ein LNG-Terminal in Deutschland, weil sich kein Importeur fand, der wegen des hohen Preises im Voraus langfristige Kapazitäten gebucht hätte."
Quelle: ntv.de, mpe