"Sehr, sehr vorsichtig sein" Merkel warnt vor dritter Welle im Winter
30.11.2020, 18:57 Uhr
Per Videochat unterhielt sich Merkel mit Polizistinnen und Polizisten aus ganz Deutschland.
(Foto: REUTERS)
In einem Videochat spricht Kanzlerin Merkel mit Polizeibeamten über deren Job in der Corona-Pandemie. Es geht um Gewalt bei Einsätzen und um Proteste gegen die Maßnahmen. Merkel mahnt dabei zur Vorsicht im anstehenden Winter - und warnt vor der Gefahr einer dritten Welle.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einem Videochat mit Sorgen und Fragen von Polizistinnen und Polizisten auseinandergesetzt. Mehrfach wurde dabei der Wunsch nach klareren Regeln und Vorgaben in der Corona-Krise statt immer wieder neuer und häufig regional voneinander abweichender Verordnungen geäußert.
Merkel warnte in dem Gespräch vor einer dritten Corona-Welle für den Fall, dass die Menschen in Deutschland sich im anstehenden Winter nicht mit großer Vorsicht verhalten. "Wir werden im Winter noch sehr, sehr vorsichtig sein müssen", sagte sie. "Sonst sitzen wir sofort wieder in der nächsten Welle drin." Der Mensch sei gegen das Virus im Winter schlechter gerüstet. "Wir müssen diese Wintermonate noch durchstehen", erklärte die Kanzlerin. Erleichterung brächten allerdings nun Corona-Schnelltests, mit denen man "besser klarkommen" werde, so Merkel.
Ein Polizeibeamter aus Berlin konstatierte eine Zunahme der Gewaltbereitschaft bei Menschen, die gegen die Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Pandemie protestieren. Wichtig sei eine gewisse Verlässlichkeit der Verordnung und Normen, betonte er. Denn selbst Bürger, die prinzipiell bereit seien, sich an Regeln zu halten, seien oft nicht genau im Bilde darüber, was aktuell gilt.
"Nicht weggucken bei Extremismus"
Gerke Stüven, Leiterin des Polizeikommissariats im niedersächsischen Wildeshausen, sagte, dass es "für uns als Polizei schwierig ist, mit Appellen und Empfehlungen zu arbeiten". Die Beamten brauchten einen "rechtssicheren Handlungsraum", da sie ansonsten nicht berechtigt seien, zur Durchsetzung von Kontaktbeschränkungen beispielsweise Grundstücke zu betreten. Ein Polizist aus Thüringen sagte, im Bekanntenkreis höre er seit Beginn der Pandemie häufiger Sätze wie "Euren Job will ich momentan nicht machen". Eine Beamtin aus dem Harz sagte, sie wünsche sich mehr Corona-Tests für Polizisten, die im Dienst ja oft gezwungen seien, anderen Menschen körperlich nahezukommen, bei Durchsuchungen, Festnahmen oder wenn jemand Widerstand leiste.
"Wir wissen, was Sie tun und was Sie für uns leisten", äußerte Merkel Respekt für die Arbeit der Polizei unter den besonders schwierigen Umständen der Corona-Pandemie. Die Polizei sei derzeit eine Berufsgruppe, "die besonders gefordert ist". Die Kanzlerin erneuerte die Zusage, dass Polizisten neben Angehörigen von Risikogruppen vorrangig die Möglichkeit zu Impfungen erhalten sollten, "wenn auch nicht als erste".
Jenseits von Covid-19 sprachen die Polizisten auch die aktuelle Debatte über Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei an. Ein Polizist aus Erfurt sagte, da dies nur Einzelfälle seien, müsse man bei der Bekämpfung dieses Phänomens gezielt vorgehen und nicht alle über einen Kamm scheren. Merkel äußerte Verständnis dafür, wenn Beamtinnen oder Beamten sich über Pauschalvorwürfe ärgerten, und sicherte dagegen politische Rückendeckung zu. Sie betonte aber auch: "Wir dürfen nicht weggucken bei Extremismus in der Polizei."
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/DJ