Ukraine: Er war Kriegsverbrecher Militär-Rekrutierer in Russland erschossen
11.07.2023, 14:48 Uhr Artikel anhören
Der Mann soll für die Mobilisierung von neuen Soldaten für die Armee zuständig gewesen sein.
(Foto: picture alliance / Russian Look)
Das russische Militär braucht neue Soldaten. In den vergangenen Monaten gibt es deswegen verschiedene Mobilisierungskampagnen im Kreml-Reich. Nun wird einer der Rekrutierer erschossen. Der Mann gilt in der Ukraine als Kriegsverbrecher. Kiew dementiert eine Beteiligung.
In Russland ist ein mit der Rekrutierung für das Militär beauftragter Beamter nach Behördenangaben erschossen worden. Wie das für schwere Verbrechen zuständige Ermittlungskomitee mitteilte, war der 42-Jährige am gestrigen Morgen in der südwestrussischen Großstadt Krasnodar mit "Schussverletzungen" gefunden worden. Demnach war der Mann der stellvertretende Verantwortliche der Stadtverwaltung für die "Mobilisierungsoperationen" in der Armee. Die Ermittlungen zur Identität des Täters und zum Motiv der Tat liefen noch, erklärte das Komitee weiter.
Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, dass das Opfer Stanislaw Rschitzki heiße. Rschitzki habe in der russischen Marine gedient, wo er unter anderem das U-Boot "Krasnodar" befehligt habe, erklärte der russische Abgeordnete und frühere Bürgermeister Krasnodars, Jewgeni Perwytschow, im Onlinedienst Telegram. Nach einem Bericht des Mediums "Baza" hatte er immer noch den Dienstgrad des Fregattenkapitäns inne und wurde beim Joggen erschossen. Russische Medien spekulierten darüber, dass den Tätern die Laufstrecke des Offiziers über eine Jogging-App bekannt gewesen sei. Demnach hatte Rschitzki seine Läufe regelmäßig im Internet veröffentlicht und seine Laufstrecke nicht gewechselt.
Die russische Armee hat im April eine große Kampagne zur Rekrutierung für die Streitkräfte angestoßen und schaltet massiv Werbung, die mit dem Versprechen auf hohes Gehalt und Sozialleistungen zum Eintritt in die Armee bewegen soll. Damit sollen die zusammengeschrumpften Ränge an der Front in der Ukraine wieder aufgefüllt werden, ohne auf eine neue und unbeliebte Mobilmachung zurückgreifen zu müssen - eine solche hatte der Kreml im vergangenen September nach mehreren Niederlagen in Teilen ausgerufen.
Seit Beginn der Offensive in der Ukraine wurden dutzende Menschen wegen des Vorwurfes der Brandstiftung oder versuchten Brandstiftung von Rekrutierungszentren festgenommen. Ob es sich bei dem Angriff auf den Militär-Rekrutierer um einen Anschlag in Verbindung mit dessen Job handelt, ist nicht bekannt.
Rschitzki gilt in der Ukraine als Kriegsverbrecher
Rschitzki wurde in der Ukraine als Kriegsverbrecher gesucht. Er sei als U-Boot-Kommandant am Beschuss der Stadt Winnyzja beteiligt gewesen, teilte das ukrainische Militär mit. Die Stadt war mit seegestützten Lenkwaffen vom Typ Kalibr beschossen worden. "Später aber kam er zu dem Schluss der Ineffizienz von Raketenschlägen, die mit großen Risiken für die Zivilbevölkerung verbunden waren", hieß es in einer Mitteilung aus Kiew. "Offenbar wurde er von den eigenen Leuten liquidiert wegen seiner Weigerung, die Befehle der Militärführung weiter auszuführen." Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, dementierte eine Beteiligung seiner Organisation an dem Attentat.
Rschitzki hatte nach Angaben seines Vaters allerdings nie am Krieg gegen die Ukraine teilgenommen. Er habe bereits Ende 2021 einen Antrag auf Entlassung gestellt, dem stattgegeben worden sei, zitierte ihn "Baza". Die Entlassung sei offiziell erst im Sommer 2022 erfolgt, doch in der Zwischenzeit habe Rschitzki schon kein Kommando mehr gehabt, sondern sei in Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Krim an Land gewesen. Er habe weder Drohungen erhalten, noch habe er sich vor seiner Ermordung ungewöhnlich benommen.
Quelle: ntv.de, rog/AFP/dpa