"Israel würde sonst verlieren" Netanjahu hält an Rafah-Offensive fest
17.02.2024, 21:12 Uhr Artikel anhören
Israels Ministerpräsident will sich dem internationalen Druck nicht beugen.
(Foto: dpa)
Die internationalen Appelle halten Israel nicht davon ab, seinen Militäreinsatz im Süden des Gazastreifens auszuweiten. Andernfalls würde sein Land den Krieg verlieren, erklärt Ministerpräsident Netanjahu. Selbst bei einem Geiselabkommen will er die Offensive in Rafah durchziehen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat ungeachtet internationaler Warnungen bekräftigt, dass eine militärische Offensive Israels auch in Rafah im südlichen Gazastreifen kommen werde. "Natürlich erst, nachdem wir es den Zivilisten in den Kampfgebieten ermöglichen werden, sich in sichere Gebiete zu begeben", sagte Netanjahu in Jerusalem vor Journalisten. Man werde sich in der Frage internationalem Druck nicht beugen, betonte er. "Wer uns an dem Einsatz in Rafah hindern will, sagt uns letztlich 'Verliert den Krieg'." Er werde dies nicht zulassen.
Die Offensive werde auch im Falle eine Vereinbarung mit der Hamas über eine Freilassung der israelischen Geiseln stattfinden, sagte der Regierungschef. Selbst wenn eine solche Einigung erzielt werde, "werden wir in Rafah einrücken".
Israel bereitet eine Militäroffensive auf die an Ägypten angrenzende Stadt Rafah vor, um auch dort gegen die islamistische Hamas vorzugehen. In dem Ort im Süden des Palästinensergebiets haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. Die Pläne für eine Ausweitung der israelischen Einsätze in der überfüllten Stadt stoßen international auf große Kritik. Auch die USA hatten davor gewarnt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte die Einrichtung langfristig sicherer Orte für die Menschen dort verlangt.
Netanjahu will sich keine Vorschriften machen lassen
Auslöser des israelischen Einsatzes im Gazastreifen ist das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei rund 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Netanjahu bekräftigte, man werde mit der Hamas-Führung "die Rechnung begleichen". Dies sei nur eine Frage der Zeit. Man werde sich auch in der Frage einer künftigen Friedensregelung mit den Palästinensern keine Vorschriften von internationalen Parteien machen lassen. "Eine Regelung kann nur durch direkte Verhandlungen zwischen beiden Seiten ohne Vorbedingungen erzielt werden", betonte er.
Netanjahu reagierte zudem auf Medienberichte, denen zufolge die USA und andere Bündnispartner auch ohne israelische Zustimmung einen palästinensischen Staat anerkennen könnten. Israel unter seiner Führung werde sich vehement gegen solch eine "einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wehren", sagte der Regierungschef.
Verbündete drängen zur Mäßigung
Auf der Sicherheitskonferenz in München wollten Verbündete Israel mit der Aussicht auf bessere Beziehungen zu den arabischen Nachbarn zu einer veränderten Haltung bewegen. Israel habe "eine außergewöhnliche Chance" auf eine friedlichere Zukunft, wenn es die Verständigung mit arabischen Nachbarn suche, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Zuvor hatten sich Topdiplomaten aus Europa, den USA und arabischen Staaten in München getroffen, um über Wege aus dem Krieg zu reden. Israels Militär griff unterdessen weiter mutmaßliche Ziele der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen an und nahm im letzten funktionierenden Krankenhaus im Gazastreifen zahlreiche Menschen fest.
Zuletzt hatte es Berichte gegeben, dass die saudi-arabische Regierung Israel eine Anerkennung in Aussicht stellt, wenn die Regierung in Jerusalem ihrerseits einen Palästinenser-Staat ermöglicht. Zudem gibt es Gespräche über eine Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde, die vom Westen als legitime Vertretung der Palästinenser vor allem im Westjordanland angesehen wird. "Das ist ein Weg, der schwierig ist, aber der möglich ist", sagte Blinken zu der Zweistaaten-Lösung, die dringender nötig sei denn je. "Die Alternative wäre, den Teufelskreis immer und immer wieder zu wiederholen", warnte er. Dann müsse Israel in fünf oder zehn Jahren wieder mit einem Überfall rechnen.
Blinken, Bundeskanzler Olaf Scholz und Baerbock versicherten Israel in München die weitere Unterstützung im Kampf gegen die Hamas. Es häuften sich aber die Aufforderungen zahlreicher Staaten, dass Israel zum einen die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser versorgen, zum anderen den Weg zu einer Waffenruhe ebnen müsse. Scholz mahnte zudem, dass Israel Übergriffe radikaler jüdischer Siedler im Westjordanland verhindern müsse und den Krieg nicht auf den Libanon ausweiten sollte.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/AFP/rts