Politik

Gewagter DDR-Vergleich in Ungarn Orban: "Wir sind Burghüter Deutschlands"

Ende einer Verkrampfung? Ungarns Präsident Orban und Kanzlerin Merkel feiern den Jahrestag, an dem Ungarn für 600 DDR-Bürger seine Grenze öffnete.

Ende einer Verkrampfung? Ungarns Präsident Orban und Kanzlerin Merkel feiern den Jahrestag, an dem Ungarn für 600 DDR-Bürger seine Grenze öffnete.

(Foto: REUTERS)

Ausgerechnet den Jahrestag der Massenflucht von DDR-Bürgern über die ungarische Grenze sucht sich Staatschef Orban aus, um für seine harte Migrationspolitik zu werben. Auch der heutige Grenzzaun solle Deutschland dienen. Merkel fällt dazu nicht viel ein.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hofft darauf, dass sich die belasteten Beziehungen seiner Regierung zur EU-Kommission unter der neuen Führung verbessern. Das sagte er bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im westungarischen Sopron. Zugleich verteidigte Orban seine bisher insbesondere von Deutschland kritisierte Migrationspolitik und wies Beanstandungen zum Demokratieabbau in seinem Land zurück.

Festakt zum 30. Jahrestag der ungarischen Grenzöffnung für DDR-Bürger: Merkel und Orban sprechen über die Bedeutung von Grenzen.

Festakt zum 30. Jahrestag der ungarischen Grenzöffnung für DDR-Bürger: Merkel und Orban sprechen über die Bedeutung von Grenzen.

(Foto: REUTERS)

Nach einem kürzlichen Gespräch mit der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei er optimistisch, dass ein Neustart gelingen könne, sagte Orban. "Es existiert ein neues Gleis statt alter Strukturen. Das ist auf jeden Fall ermutigend", sagte Orban.

Ungarn gehörte bisher zu den EU-Staaten, die mit ihrer strikten Anti-Zuwanderungspolitik Kompromisse zum Beispiel bei der Verteilung von Flüchtlingen unmöglich gemacht hatten. Zugleich machte Orban deutlich, dass er die Südgrenze des Landes für illegale Migranten geschlossen halten werde. Davon profitierten auch Österreich und Deutschland, sagte Orban nach einem Festakt zum 30. Jahrestag der ersten Massenflucht von DDR-Bürgern.

Der Abbau des Grenzzauns vor 30 Jahren habe auf die "Freiheit" der Bürger des damaligen Ostblocks abgezielt. Der Bau des Grenzzauns an den Grenzen zu Serbien und Kroatien 2015 diene der "Freiheit und Sicherheit" der Europäer, sagte Orban weiter. "Wir haben jetzt an den südlichen Grenzen Mauern gebaut, damit jene Deutschen, für die vor 30 Jahren Mauern abgebaut wurden, heute in Sicherheit leben können. Diese beiden Dinge hängen zusammen. Wir sind die Burghüter der Deutschen." Er rechne mit neuem Migrationsdruck, sagte Orban weiter.

Zur Kritik am Demokratieabbau in Ungarn sagte Orban, dieser sei "politisch begründet". Die Kritik daran gehe an der Realität in Ungarn vorbei. 

Jahrestag der ungarischen Grenzöffnung: Lob für Merkel

Zuvor hatte Orban in seiner Festrede mit überraschend viel Lob für Merkel versucht, das angespannte Verhältnis beider Staaten zu entkrampfen. Merkel genieße "die Wertschätzung der ungarischen Nation", sagte Orban im Beisein der Bundeskanzlerin.

Merkel bezeichnete die deutsch-ungarischen Beziehungen trotz aller Unterschiede gerade in der Migrationspolitik als gut. "Sie sind so, dass wir über diese Fragen offen sprechen können", sagte die Kanzlerin.

Mehr als 600 DDR-Bürgern war am 19. August 1989 die Flucht über die für das Picknick kurzzeitig geöffnete Grenze gelungen. Das Geschehen war ein Vorbote zum Fall der Berliner Mauer im November desselben Jahres.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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