Minister prüft Verkaufsverbot Özdemir legt im Streit über "Ramschpreise" nach
30.12.2021, 16:01 Uhr
"Für alle in der Lebensmittelkette braucht es faire Bedingungen", sagt Özdemir.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Geht es nach Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, könnte der Verkauf von Lebensmitteln unter Produktionspreis womöglich verboten werden. Der Grüne kündigt an, politische Schritte prüfen zu lassen. Auch kontert der Minister die Kritik aus der Opposition und von Sozialverbänden.
In der von ihm angestoßenen Debatte um "Ramschpreise" in Supermärkten hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angekündigt, ein Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unterhalb der Produktionskosten zu prüfen. "Die großen Player dürfen nicht mehr länger die Preise diktieren und Margen optimieren", sagte der Grünen-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Für alle in der Lebensmittelkette braucht es faire Bedingungen", sagte der Minister. "Wir wollen dafür unter anderem die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und die Fusionskontrolle im Bundeskartellamt stärken, weiter gegen unlautere Handelspraktiken vorgehen und prüfen, ob der Verkauf von Lebensmitteln unter Produktionskosten unterbunden werden kann."
Zuvor hatte Özdemir mit seinen Plänen, die Preise von zu billigen Lebensmitteln erhöhen zu wollen, für Unmut in der Opposition und bei Sozialverbänden gesorgt. So hatte etwa der Paritätische Wohlfahrtsverband gefordert, dass Preissteigerungen mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze für Sozialhilfeempfänger einhergehen.
Gegenüber dem RND wehrte sich der Grüne gegen den Vorwurf, seine Absichten seien unsozial. "Jeder soll sich weiterhin Fleisch leisten können. Es soll kein Luxusgut werden", so Özdemir. Es sei unredlich, zu versuchen, bei dem Thema einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hatte der "Bild"-Zeitung gesagt, die Regierung sei "nicht dazu da, Menschen vorzuschreiben, was oder wie viel sie essen". Özdemir hatte als Begründung für seinen Vorstoß unter anderem mehr Wertschätzung für Bäuerinnen und Bauern in Deutschland angeführt.
Özdemir: Knallige Überschriften hinter uns lassen
Im Gespräch mit dem RND sagte der Landwirtschaftsminister, Sozialpolitik beginne nicht erst beim Diesel- oder Fleischpreis. "Soziale Gerechtigkeit beginnt für mich auch bei den Arbeiterinnen und Arbeitern in den Schlachthöfen, deren Mindestlohn wir endlich anheben werden." Die Ampel-Regierung plant eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro. "Und es geht um unsere Landwirtinnen und Landwirte, die wie alle anderen auch von ihrer Arbeit leben können müssen. Außerdem wollen wir das Klima schützen und die Tierhaltung verbessern", so Özdemir weiter. Landwirtschaft müsse sozial sein, aber sie ersetze nicht die Sozialpolitik.
Trotzdem hat Özdemir auch Lob für die teils scharf geführte Debatte übrig. Die öffentliche Diskussion helfe, "sich darüber bewusst zu werden, wo die Lebensmittel herkommen und welche Leistung dahintersteckt", sagte der Grüne. "Wenn wir die knalligen Überschriften jetzt mal hinter uns lassen und mehr Differenzierung wagen, dann wird das was."
Derweil setzt sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace für eine Mehrwertsteuererhöhung bei Fleischprodukten ein. "Die neue Bundesregierung sollte die Mehrwertsteuer für Fleisch und Milchprodukte an den regulären Satz von 19 Prozent anpassen", sagte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Matthias Lambrecht den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse wiederum könne sie im Gegenzug absenken oder streichen.
Lambrecht erhofft sich durch eine Anpassung Entlastungen für Verbraucher sowie Anreize für einen umweltfreundlicheren und klimaschonenderen Konsum pflanzlicher Lebensmittel. Auch spricht sich der Greenpeace-Experte für eine gezielte Förderung landwirtschaftlicher Betriebe mit dem Ziel einer besseren Tierhaltung aus. Für die Finanzierung sollten demnach Verbraucher aufkommen, die Fleisch- oder Milchprodukte konsumieren - über eine Steuer oder eine Abgabe.
Quelle: ntv.de, mbe