Politik

Möglicher Austritt aus Abkommen Polen stellt Schutz von Frauen infrage

In Warschau regten sich Proteste gegen den geplanten Rückzug aus der Frauenrechtskonvention.

In Warschau regten sich Proteste gegen den geplanten Rückzug aus der Frauenrechtskonvention.

(Foto: picture alliance/dpa)

Als "feministische Schöpfung" bezeichnet der polnische Justizminister die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Er lässt prüfen, ob sein Land wieder aus dem internationalen Abkommen austreten kann. EU-Vertreter reagieren alarmiert.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, hat die polnischen Pläne für den möglichen Austritt aus einem internationalen Abkommen zum Schutz von Frauen vor Gewalt heftig kritisiert. "Niemand kann ernsthaft gegen die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sein", sagte die SPD-Politikerin. Trete Polen aus der sogenannten Istanbul-Konvention aus, dann sei dies ein weiterer Schritt des Landes "weg von den europäischen Werten".

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte mitgeteilt, dass er das Verfassungsgericht des Landes gebeten habe, die Istanbul-Konvention des Europarats auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Er verwies auf Stimmen, wonach diese "nicht mit unserem Rechtssystem vereinbar ist und auch eine ideologische Grundlage hat". Darin fehlten auch Instrumente zur Bekämpfung von Gewalt zu Hause. "Als Regierung teilen wir diese Befürchtungen teilweise." Polen hatte die Konvention 2012 unterzeichnet und - anders als die Nachbarstaaten Tschechien und Slowakei - 2015 auch ratifiziert.

Die Istanbul-Konvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, jegliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie alle Formen häuslicher Gewalt als Verbrechen einzustufen und sich gegen die Diskriminierung von Frauen einzusetzen. Sie wurde von allen 27 EU-Mitgliedstaaten und zahlreichen weiteren Ländern unterzeichnet und in der Folge von den meisten ratifiziert. In Deutschland ist sie seit Februar 2018 in Kraft.

Bestimmungen seien "ideologischer Natur"

Die nationalkonservative Regierungspartei PiS, die der katholischen Kirche in Polen nahe steht, hatte das Abkommen infrage gestellt. Am Montag leitete Justizminister Zbigniew Ziobro das Verfahren zur Rücknahme der Ratifizierung in die Wege. Er hatte das Abkommen in der Vergangenheit als "feministische Schöpfung zur Rechtfertigung der homosexuellen Ideologie" bezeichnet, weil es auch alternative Familienkonstellationen fördere. Am Montag bekräftigte er, einige Bestimmungen seien "ideologischer Natur".

In Warschau gingen am Freitag rund 2000 Menschen gegen den geplanten Rückzug aus dem Abkommen auf die Straße. Auch führende Abgeordnete des Europaparlaments und die EU-Kommission verurteilten die Ankündigung. Barley sagte dazu: "Alles, was außerhalb des traditionellen Familienbildes liegt, eignet sich in Polen dazu, eine Freund-Feind-Stimmung zu erzeugen." Ziel sei es, eine "Wagenburg-Mentalität" bei den Menschen zu erzeugen. Die Regierung in Warschau handle nach dem Motto "Wir verteidigen euch gegen die bösen Einflüsse von außen", kritisierte die SPD-Politikerin.

Quelle: ntv.de, chf/AFP

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