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"Völlig inakzeptabel" Politik fordert Konsequenzen nach Eritrea-Ausschreitungen

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228 Festgenommene, mehr als zwei Dutzend verletzte Polizisten: Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart sorgen auch bei der Politik für scharfe Kritik. Innenpolitiker bringen Auflagen oder Verbote für ähnliche Veranstaltungen ins Spiel.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat schockiert auf die massiven Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart reagiert. "Die Bilder der brutalen Ausschreitungen mit gezielten Angriffen gegen die Polizei verstören und sind völlig inakzeptabel", teilte der Grünen-Politiker mit. "Wir dulden nicht, dass Konflikte aus anderen Ländern gewaltsam bei uns ausgetragen werden und werden dem mit aller Härte entgegentreten."

Die Stuttgarter Polizei präsentiert am Folgetag Knüppel und Latten, die bei den Ausschreitungen eingesetzt wurden.

Die Stuttgarter Polizei präsentiert am Folgetag Knüppel und Latten, die bei den Ausschreitungen eingesetzt wurden.

(Foto: dpa)

Wer Einsatzkräfte angreife, greife den Rechtsstaat an, sagte Kretschmann weiter. "Ich danke allen Einsatzkräften der Polizei und wünsche den Verletzten eine schnelle und hoffentlich vollständige Genesung." Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl von der CDU ergänzte, die Gewalttäter würden jetzt "die volle Härte des Strafrechts und des Ausländerrechts zu spüren bekommen". Zuvor hatte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Ausschreitungen scharf verurteilt. "Ausländische Konflikte dürfen nicht in unserem Land ausgetragen werden", sagte die SPD-Politikerin. Die Gewalttäter müssten zur Verantwortung gezogen werden. Den verletzten Polizeikräften wünschte auch Faeser zuvor schon eine schnelle und vollständige Genesung.

Die Polizei hat nach eigenen Angaben inzwischen die Personalien fast aller Tatverdächtigen abgeklärt. Überwiegend kämen die Verdächtigen aus dem Umland von Stuttgart, sagte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler in der Landeshauptstadt. Nur wenige seien aus Stuttgart selbst. 63 mutmaßliche Gegner des Regimes in Eritrea seien aus der Schweiz angereist. "Das hat uns überrascht", sagte Höfler. Teils seien auch Personen aus dem hessischen Gießen angereist. 212 der Verdächtigen hätten die eritreische Staatsbürgerschaft, sieben Verdächtige seien Deutsche mit eritreischen Wurzeln. Vereinzelt müssten Identitäten noch geklärt werden. Insgesamt gibt es 228 Verdächtige, 227 von ihnen sind inzwischen auf freiem Fuß.

"Muss der Staat sich nicht gefallen lassen"

Innenpolitiker sprachen sich derweil für ein konsequentes Vorgehen gegen derartige Veranstaltungen aus. "Es ist völlig unverständlich, warum diese Veranstaltung nicht gestoppt und damit die Verbreitung der Propaganda dieses Terrorstaates ermöglicht wurde", sagte der Obmann der Grünen-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, Marcel Emmerich. Im Vorfeld hätte man zudem versuchen können, vor Gericht ein Verbot zu erwirken, "um zumindest ein deutliches Zeichen zu setzen", fügte er hinzu.

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz von der CSU, sagte, schon bei früheren ähnlichen Veranstaltungen von Menschen aus Eritrea sei zu beobachten gewesen, dass das Etikett "Festival" ganz offensichtlich genutzt werde, um Auseinandersetzungen verschiedener Gruppen aus Eritrea in Deutschland zu führen. "Das muss der deutsche Staat sich nicht gefallen lassen", führte Lindholz aus. Eine Genehmigung könne auch im Vorfeld versagt werden, wenn der Charakter eines Festivals offensichtlich missbraucht wurde, "wenn das absehbar ist und wenn es nicht möglich ist, durch geeignete Auflagen Ausschreitungen zu verhindern".

Vorfälle auch in Gießen und Stockholm

Am Rande einer Eritrea-Veranstaltung war es in der baden-württembergischen Landeshauptstadt am Samstag zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Auslöser war eine Versammlung von Eritrea-Vereinen mit rund 80 bis 90 Teilnehmern, die laut Polizei dem diktatorischen Regime in Afrika nahestehen.

Mehrere Hundert Veranstaltungsgegner versammelten sich zum Protest in der Stadt. Gegner der Veranstaltung griffen dabei Teilnehmer und Einsatzkräfte der Polizei an. 26 Polizeibeamte seien verletzt worden, zudem vier Teilnehmer der regimenahen Eritrea-Veranstaltung und zwei Oppositionelle, teilte die Polizei später mit.

Nach gewaltsamen Protesten bei einem Eritrea-Festival im vergangenen Sommer hatte die Stadt Gießen die Neuauflage in diesem Juli per Verbot verhindern wollen - doch die Gerichte sahen dafür keine Grundlage. Gegner der Veranstaltung lieferten sich in Gießen dann während des Festivals gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei, wobei mehr als zwei Dutzend Einsatzkräfte verletzt wurden. Im August war es auch in Schwedens Hauptstadt Stockholm bei einer Eritrea-Veranstaltung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Dutzenden Verletzten gekommen.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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