Hub, Pipelines, Preisbörse Putin will Türkei zum Gas-Zentrum aufbauen
13.10.2022, 15:05 Uhr
Der eine hat viel Erdgas, der andere könnte davon massiv profitieren: Putin und Erdogan.
(Foto: dpa)
Für Russlands Präsidenten Putin ist die Sachlage inzwischen klar: Die Pipeline Turkstream ist die sicherste Route für russisches Gas nach Europa. Deswegen unterbreitet er seinem türkischen Amtskollegen Erdogan ein lukratives Angebot.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat vorgeschlagen, die Türkei mithilfe russischen Gases zu einem Umschlagpunkt und einer Börse für Erdgas auszubauen. "Wenn die Türkei und unsere potenziellen Käufer Interesse haben, könnten wir den Bau noch einer Gasleitung und die Schaffung eines Gas-Hubs in der Türkei in Betracht ziehen für den Verkauf in Drittländer, vor allem in Europa", bot Putin seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan der Nachrichtenagentur Interfax zufolge bei einem Treffen an. Darüber hinaus könnte in der Türkei auch eine Gasbörse zur Preisermittlung entstehen, schlug Putin vor.
Der russische Präsident lobte die Pipeline Turkstream, die durch das Schwarze Meer in die Türkei und nach Südeuropa führt, als sicherste Route für russisches Gas. Zuvor waren Ende September beide von Russland nach Deutschland führenden Stränge der Pipeline Nord Stream 1 und einer der beiden Stränge von Nord Stream 2 in der Ostsee durch Explosionen beschädigt worden. Vertreter der EU und der NATO sprachen anschließend von Sabotage. Putin selbst hatte am Mittwoch von einem "internationalen Terroranschlag" geredet und angedeutet, dass aus seiner Sicht die USA dahinter stecken könnten.
Gaspreise sollen auf "normales Marktniveau"
Auch die Leitung Turkstream habe gesprengt werden sollen, behauptete Putin, aber dies sei nicht geschehen. Turkstream funktioniere weiter zuverlässig. Daher sei die Türkei eine logische Wahl für den Aufbau eines Verteilerpunkts und einer Gasbörse. "Heute sind die Preise himmelhoch und wir könnten sie dort ruhig regulieren auf ein normales Marktniveau ohne irgendwelche politische Einfärbung", sagte Putin.
Das Treffen der beiden Staatschefs in Astana im zentralasiatischen Kasachstan lief am Rande der Konferenz für Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA). Am Mittwoch hatte Putin seine Vorstellungen im Hinblick auf die Rolle der Türkei erstmals öffentlich dargelegt. Demnach könnten eigentlich für die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 vorgesehene Erdgas-Mengen über die Schwarzmeer-Region in die Türkei geleitet werden. In der Türkei könnte dann der größte Verteiler für Gas, das für Europa vorgesehen sei, eingerichtet werden.
Die Europäische Union will sich allerdings im Rahmen der Sanktionen wegen der Invasion der Ukraine aus der Abhängigkeit der Gaslieferungen aus Russland lösen. Russland findet kurzfristig keinen Ersatz für den europäischen Absatzmarkt, da dafür die Pipeline-Infrastruktur fehlt. Die Zuspitzung des Konfliktes ist Hauptursache für die explodierenden Energie-Preise.
Erdogan sieht die Türkei als neutralen Vermittler
Erdogan kündigte nach seinem Gespräch mit Putin an, das Abkommen über die Ausfuhr von Getreide und Düngemitteln aus Russland über die Türkei weiterzuentwickeln, um "Entwicklungsländer" zu beliefern. "Wir können daran arbeiten, gemeinsam zu bestimmen, welche Länder das sein werden." Unter türkischer und UN-Vermittlung war im Juli ein Abkommen ausgehandelt worden, das den Export von ukrainischen und russischen Agrarprodukten ermöglicht. Erdogan kritisierte jedoch, dass die meisten der Lieferungen seitdem an reichere Länder gegangen seien.
An der Zusammenarbeit Russlands und der Türkei "werden sich sicherlich einige stören, aber die Entwicklungsländer werden sicherlich glücklicher sein", fügte er hinzu. Die USA und die EU hatten zuletzt den Druck auf die Türkei erhöht, sich ihren Sanktionen gegen Russland anzuschließen. Erdogan führt hingegen an, die Türkei könne als neutraler Akteur mögliche Waffenstillstandsgespräche zwischen Kiew und Moskau erwirken. Das Land profitiert aber auch wirtschaftlich stark: In den vergangenen Monaten haben sich die türkischen Exporte nach Russland nahezu verdoppelt.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts/AFP