Trotz juristischer Pleite So will Meloni ihr Albanien-Modell für Asylverfahren retten
21.10.2024, 16:53 Uhr Artikel anhören
Meloni kam mit dem Versprechen ins Amt, die hohe Zahl von Menschen, die jedes Jahr übers Mittelmeer nach Italien fliehen, deutlich zu senken.
(Foto: picture alliance / Photoshot)
Italien ist der erste EU-Staat, der Asylverfahren in Drittstaaten auslagern will. Doch schon beim ersten Versuch stoppt ein Gericht den Vorgang. Regierungschefin Meloni will die Lager in Albanien trotzdem in Betrieb halten - angeblich mit einer neuen Regelung zur Festlegung sicherer Herkunftsstaaten.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will ihr Modell zur Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU mit einem neuen Erlass retten. Vor einer Sondersitzung des Kabinetts beriet die rechte Dreier-Koalition in Rom darüber, wie die beiden Lager in Albanien trotz einer schweren juristischen Niederlage weiterarbeiten können. Nach Informationen der Tageszeitung "La Repubblica" gehört zu den wesentlichen Neuerungen, dass die Liste sicherer Herkunftsländer künftig im Regierungssitz festgelegt wird - also im Hause Meloni direkt. Bislang ist dafür das Außenministerium zuständig.
Ein Gericht in Rom hatte am Freitag verfügt, dass die erste Gruppe von Asylbewerbern in den neuen Lagern - zwölf Männer aus Bangladesch und Ägypten - sofort nach Italien gebracht werden müssen. Begründet wurde dies damit, dass beide Staaten keine sicheren Herkunftsländer seien, wie dies durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vorgeschrieben sei. Solche Listen werden innerhalb der EU festgelegt. Eine gemeinsame europäische Liste gibt es nicht. In Italien umfasst sie 21 Staaten.
Die Sondersitzung des Kabinetts war für den Nachmittag terminiert. Von offizieller Seite gab es keine Bestätigung für den "Repubblica"-Bericht. Die Meloni-Regierung hat schon angekündigt, gegen die Entscheidung des für Einwanderungsfragen zuständigen Gerichts in Berufung zu gehen - gegebenenfalls bis vor die oberste Instanz. Die rechte Regierungschefin stellte klar, dass die beiden kürzlich eröffneten Lager in Albanien in Betrieb bleiben. Zugleich sprach sie der Justiz das Recht ab, darüber zu entscheiden, aus welchen Ländern Migranten dorthin verfrachtet werden.
Lager in Albanien wieder leer
Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der über Asylanträge außerhalb der EU urteilen will. Das umstrittene Vorhaben wird von allen anderen EU-Ländern aufmerksam verfolgt. Insbesondere andere rechte Regierungen erwägen, sich das Meloni-Modell zum Vorbild zu nehmen. Bleibt es bei dem Beschluss des Gerichts in Rom, der sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stützt, wäre das auch für sie ein schwerer Schlag.
Die sieben Personen aus Bangladesch und Ägypten wurden nach der Gerichtsentscheidung vom Freitag mit einem Schiff der italienischen Küstenwache am Samstag aus dem Lager Shengjin über die Adria in die süditalienische Hafenstadt Bari gebracht. Über ihr Schicksal wird jetzt auf italienischem Boden entschieden. Damit stehen die neuen Lager in Albanien nach nur zwei Tagen wieder leer.
Richterin verteidigt Beschluss mit EuGH-Urteil
Mehrfach warfen rechte Minister der Justiz vor, sich von der Linken instrumentalisieren zu lassen. Zum Beschluss des Gerichts in Rom meinte Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini: "Wer trägt die Folgen, wenn einer der zwölf jemanden vergewaltigt?"
Richterin Luciana Sangiovanni verteidigte ihren Beschluss. "Wir konnten gar nicht anders entscheiden", sagte sie der Tageszeitung "La Stampa". Grundlage dafür war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach ein EU-Mitglied ein Herkunftsland nur dann als sicher einstufen darf, wenn die Bedingungen dafür in dessen gesamtem Hoheitsgebiet erfüllt sind. Legt man diese Definition zugrunde, könnten in den Albanien-Lagern nur noch Migranten aus einigen wenigen Ländern aufgenommen werden.
Quelle: ntv.de, spl/dpa