Politik

US-Wahl bei "Hart aber fair" Stegner: "USA würden auch einen Donald Trump überstehen"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Harris setze die falschen Prioritäten, findet der Journalist Jörg Wimalasena.

Harris setze die falschen Prioritäten, findet der Journalist Jörg Wimalasena.

(Foto: WDR/Dirk Borm)

Mit Kamala Harris starten die US-Demokraten mit neuem Schwung ins Präsidentschaftsrennen. Doch nicht alle Gäste bei "Hart aber fair" halten sie für die richtige Kandidatin. Für CDU-Außenpolitiker Röttgen ist Deutschland zudem nicht ausreichend auf einen möglichen Sieg Trumps vorbereitet.

Kann Kamala Harris es mit Donald Trump aufnehmen? Über diese Frage herrscht bei "Hart aber fair" am Montagabend Uneinigkeit. Die USA seien bereit für die erste Präsidentin, ist sich die Journalistin und Autorin Alice Hasters sicher. "Es ist keine gewöhnliche Wahl zwischen Republikanern und Demokraten, sondern wir haben mit Donald Trump einen Präsidentschaftskandidaten, der sich über die Jahre immer mehr radikalisiert hat", sagt sie. "Und es wäre dann doch sehr tragisch zu sagen, der Fakt, dass Harris eine Frau ist, würde dem im Wege stehen, dass sie gewählt wird."

"Es ist wieder Spannung im Spiel", sagt der SPD-Politiker Ralf Stegner. Und CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fügt hinzu: "Das Rennen ist wieder offen." Für Deutschland, Europa und die Welt stehe viel auf dem Spiel. Die Parteivorsitzende des BSW, Amira Mohamed Ali, möchte indes lieber nicht sagen, wen sie sich als neuen Präsidenten für die USA wünscht: "Wir müssen uns auf beide Situationen einstellen." Darüber müsse sich auch die deutsche Politik im Klaren sein.

Der Meinung ist auch Jörg Wimalasena. Der politische Korrespondent der "Welt" hält Kamala Harris jedoch für die falsche Kandidatin. Sie sei politisch völlig beliebig, urteilt er. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen in den USA, bei denen sie frühzeitig ausgeschieden war, habe sich Harris zuerst für die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung eingesetzt. Später sei sie dagegen gewesen.

Sie habe in einem Interview Joe Biden beschimpft: Er habe mit rassistischen Senatoren zusammengearbeitet. Doch später wollte sie Vizepräsidentin unter Biden werden. "Ich glaube, dass diese Beliebigkeit weitergehen wird", fürchtet Wimalasena. Außerdem setze Harris auf Themen, die bei der Bevölkerung in den USA ganz weit hinten lägen. Dazu gehöre das Recht auf Abtreibung. "Die Priorität ist die Inflation", beurteilt Wimalasena die Lage in den USA. Dort hat er mehrere Jahre gelebt. "Die Leute können sich nicht mehr leisten, ins Kino zu gehen, ihr Auto aufzutanken oder essen zu gehen. Die Amerikaner wollen nicht mehr von Paycheck zu Paycheck leben müssen. Das sind die Prioritäten, die wichtig sind."

Die Meinung des "Welt"-Journalisten erregt ein wenig Unmut, vor allem bei Alice Hasters. Sie ist der Ansicht, dass die Frauenpolitik von Kamala Harris in den Vereinigten Staaten in Wahrheit sehr gut ankommt. Belegen können beide ihre Thesen nicht.

"Amerika zu ersetzen ist unmöglich"

Was aber kann das Wahlergebnis in den USA für Deutschland bedeuten? Ralf Stegner macht klar, dass die SPD lieber mit Kamala Harris zusammenarbeiten würde. Natürlich müsse man sich auf jede Wahlentscheidung einrichten und mit jedem zusammenarbeiten, sagt er. Aber gerade als Demokrat müsse man auch eine klare Position haben. "Es spielt schon eine Rolle, ob jemand, der die Vereinigten Staaten führt, Wahlergebnisse anerkennt oder nicht, ob er zu Gewalt aufruft, ob es ein verurteilter Straftäter ist. Da steht viel auf dem Spiel, für Amerika und die Welt", sagt Stegner. Allerdings sei die amerikanische Demokratie stark. "Sie würde auch einen Donald Trump überstehen. Aber wünschen kann sich das niemand, weder in Europa noch in Amerika. Jedenfalls niemand, der es gut meint mit Amerika und mit den Menschen dort", so Stegner.

Röttgen hingegen bezweifelt, dass die Bundesregierung auf eine mögliche zweite Amtszeit von Donald Trump vorbereitet ist. Bundeskanzler Scholz habe vor einigen Monaten geäußert, man bereite sich auf einen solchen Fall nicht vor. Das sei falsch. Röttgen: "Man muss diesen Fall vorbereiten."

Deutschland und Europa müsse klar sein, dass es unter Donald Trump eine völlig andere Ukraine- und Russlandpolitik geben werde. Alles spreche dafür, dass Trump die "Grundlinien amerikanischer Außenpolitik, so wie wir sie kennen", verlassen würde. "Das ist eine ganz andere Sichtweise." Die Sicherheitsgarantie der Vereinigten Staaten für Europa sei bei einer Trump-Regierung nicht mehr gewährleistet, sagt Röttgen. "Wer sich darauf nicht vorbereitet, verliert wertvolle Zeit, die dann europäisch gewordene Aufgabe von Sicherheit und Frieden zu erfüllen."

Das sei auch dem Bundeskanzler klar, der gesagt habe, man müsse mit jeder gewählten US-Regierung zusammenarbeiten, entgegnet Stegner. Die Gefahr einer Änderung der US-Außenpolitik nach einem möglichen Wahlsieg Trumps sei ihm natürlich klar. Und da ist der SPD-Politiker pessimistisch. Deutschland sei eine Mittelmacht, sagt er. Und: "Amerika zu ersetzen, ist unmöglich."

Es gehe auch nicht darum, dass Deutschland die USA in militärischen und sicherheitspolitischen Fragen ersetzen solle, entgegnet Röttgen. "Amerika ist mit seinen Fähigkeiten global unersetzbar." Dennoch bleibe die Aufgabe, in Europa für Frieden und Sicherheit zu sorgen. "Und wenn das nicht mehr amerikanisch erfüllt wird, bleibt es unsere Aufgabe in Europa."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen