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"Partygate"-Affäre im Parlament Sunak wird Johnson einfach nicht los

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Die "Partygate"-Affäre schadet nicht nur Boris Johnson (l.), sondern auch seinem Nachfolger, dem britischen Premierminister Rishi Sunak.

Die "Partygate"-Affäre schadet nicht nur Boris Johnson (l.), sondern auch seinem Nachfolger, dem britischen Premierminister Rishi Sunak.

(Foto: picture alliance / empics)

Egal über welches Thema der britische Premierminister Rishi Sunak sprechen will, jeder seiner Versuche verläuft derzeit im Sande. Die Skandalvergangenheit seines Vorgängers Boris Johnson gibt in London den Ton an. Das setzt Sunak in seiner eigenen Partei zunehmend unter Druck.

Acht Monate nach seinem Amtsantritt sah sich Boris Johnson mit einer großen Herausforderung konfrontiert: dem Beginn der Corona-Pandemie. Der derzeitige Premierminister, Rishi Sunak, hat acht Monate nach seinem Amtsantritt ebenfalls mit Problemen zu kämpfen: den Hinterlassenschaften seines skandalumwitterten Vorgängers.

Sunak wurde an diesem Wochenende mit einem neuen "Partygate"-Video konfrontiert, das zeigt, wie Mitarbeiter seiner konservativen Partei während des Corona-Lockdowns tanzen, trinken und Witze über die Verletzung der Kontaktsperre machen. Der 43-Jährige, der im Oktober vergangenen Jahres eine Regierung der "Integrität, Professionalität und Verantwortlichkeit" versprochen hatte, schafft es nicht, den Skandal abzuschütteln.

Da hilft es auch nicht, dass lediglich sieben Abgeordnete am Montagabend im Unterhaus gegen die Annahme des vernichtenden Berichts eines Ausschusses zum "Partygate"-Skandal in der Downing Street und gegen den Entzug von Johnsons Parlamentspass gestimmt haben. "Viele Tories haben ihm nicht verziehen, aber die Tatsache, dass er in ihren Köpfen bleibt, ist ein Problem", sagte ein Abgeordneter dem britischen "Guardian" zufolge. "Sie erwähnen Sunak nicht."

"Können keine Vision verkaufen, wenn Rishi keine hat"

Für Sunak ist das ein Problem. Statt Aufmerksamkeit für seine Themen zu bekommen und sie in den öffentlichen Vordergrund zu rücken, wird er die Schlagzeilen um die Eskapaden seines Vorgängers einfach nicht los. Schlimmer noch: Einer Yougov-Umfrage zufolge ist Johnson trotz aller Lügen bei den konservativen Wählern noch immer beliebter als Sunak und das, obwohl sie in derselben Umfrage angegeben hatten, von dem Ex-Premier eigentlich nichts mehr wissen zu wollen.

Sunak gerät derweil durch die Aufmerksamkeit, die sein Vorgänger nach wie vor bekommt, politisch unter Druck. Viele Tories scheinen der Meinung zu sein, dass das Johnson-Drama nicht aufhören wird, solange Sunak nicht kreativ wird und sich "ein Konzept ausdenken" kann. Ein ehemaliger Kabinettsminister sagte dem "Guardian": "Wir können der Öffentlichkeit keine Vision verkaufen, wenn Rishi nicht selbst eine hat." Er müsse in großen Dimensionen denken, kreativ sein und einen Traum formulieren, nach dem die Öffentlichkeit leben und für den sie letztendlich stimmen wolle.

Ein anderer sagte, es reiche nicht aus, wenn Sunak wiederholt seine fünf Missionen darlege, da sie für eine Öffentlichkeit, die unter den explodierenden Lebenshaltungskosten leiden, "nichts bedeuten". Hinzu kommt, dass eines von Sunaks zentralen Wahlversprechen, nämlich die Einwanderung drastisch zu verringern, bereits gescheitert ist. Neue Zahlen zeigen, dass in diesem Jahr bereits mehr als 10.000 Menschen in kleinen Booten den Ärmelkanal überquert haben.

Sunak fehle es an Führungsstärke

Mit Blick auf die für 2024 geplanten Parlamentswahlen liegt deshalb noch eine Menge Arbeit vor Sunak. Johnson hatte zuletzt wiederholt deutlich gemacht, dass er seine politische Karriere noch nicht für beendet hält und zu nächsten Wahl zurückkehren möchte. Auch wolle er seine Beziehung zu Sunak verbessern und ihm bei den Wahlen den Rücken stärken, will ein enger Vertrauter des Ex-Premiers einem Bericht der "Times" zufolge wissen.

Verbündete von Sunak glauben jedoch, dass Johnson keine Hilfe mehr ist und seine Anhänger im Unterhaus nur noch eine Handvoll eingefleischter Loyalisten sind. Trotzdem setzt auch Sunak in der Beziehung zu Johnson auf Deeskalation. Am Montagabend blieb er der Abstimmung im Unterhaus über den Bericht der "Partygate"-Affäre fern und enthielt sich. Von der Opposition wurde dem Premier deshalb umgehend Führungsschwäche vorgeworfen.

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Für beide Seiten dürfte der scheinbare Friedensausbruch vor allem eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit sein. Lange kann Sunak der Konfrontation mit seinem Ex-Chef aber nicht mehr aus dem Weg gehen: Der Premierminister müsse sich in der Causa Johnson für eine Seite entscheiden und "Führungsstärke zeigen", sagte der Vorsitzende der Labour Party, Sir Keir Starmer, vor der Abstimmung am Montag.

Sunak brachte es aber nicht über die Lippen, Johnson öffentlich zu kritisieren. Das könnte dem Amtsinhaber noch auf die Füße fallen. Nicht ohne Grund kommentierte der "Guardian" diese Woche: "Johnsons Vermächtnis verfolgt Sunak."

Quelle: ntv.de, mit AFP

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