Politik

Austritt aus Istanbul-Konvention Türkei kehrt Frauenrechten den Rücken

Türkeis Staatschef Erdogan und seine Partei sehen im Verbot von Diskriminierung eine Förderung von Homosexualität.

Türkeis Staatschef Erdogan und seine Partei sehen im Verbot von Diskriminierung eine Förderung von Homosexualität.

(Foto: picture alliance / AA)

Die Stärkung von Frauenrechten und die Forderung nach Antidiskriminierung würde Homosexualität fördern, so begründet die Türkei ihren Austritt aus der Istanbul-Konvention. Die Proteste sind laut, ändern aber nichts. Zudem plant das Land eine Justizreform, die die Sanktionierung von Missbrauch erschwert.

Die Türkei ist offiziell aus einem internationalen Abkommen zum Schutz von Frauen vor Gewalt ausgetreten. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte diesen Schritt im März angekündigt, der auf massive Kritik im eigenen Land und im Ausland gestoßen war. Die USA und die Europäische Union hatten den Austritt aus der sogenannten Istanbul-Konvention verurteilt. Auch in der Türkei war es zu massiven Protesten gekommen, ein Antrag vor Gericht, den Austritt zu verhindern, war diese Woche gescheitert. Canan Güllü, Chefin der Föderation der Frauenverbände der Türkei, kritisierte die Entscheidung des Gerichts als "politisches Urteil".

Opfer von Gewalt in der Türkei hätten Angst und fragten sich, "wer sie schützen wird", so Güllü. Wenn Politiker auf Landesebene nicht mehr mitspielten und die Konvention nicht umsetzten, werde man sich eben an die regionalen Regierungen wenden. "Man kann Frauen, die 50 Prozent der Population dieses Landes ausmachen, nicht ignorieren und das Fenster zu Menschenrechten nicht einfach schließen."

Nichtdiskriminierung fördere Homosexualität

Die Istanbul-Konvention wurde vom Europarat ausgearbeitet und 2011 in der größten türkischen Stadt unterzeichnet. Sie verpflichtet die Unterzeichner, häusliche Gewalt zu verhindern und strafrechtlich zu verfolgen und Gleichberechtigung zu fördern. Konservative in der Türkei und Erdogans islamisch-konservativer Partei AKP sehen in dem Abkommen eine Gefahr für Familienstrukturen. Einige störten sich an dem dort festgelegten Prinzip der Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und sahen darin eine Förderung der Homosexualität.

Die Türkei ist das erste Land, das aus der Konvention austritt. Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, sagte: "Türkei hat die Uhr für Frauenrechte um zehn Jahre zurückgestellt und einen erschreckenden Präzedenzfall geschaffen." Für Kritik im Land sorgt derzeit auch eine Passage einer geplanten Justizreform. Berichten zufolge sieht diese vor, dass zur Verfolgung von sexuellem Missbrauch etwa konkrete Beweise für die Tat vorgelegt werden müssten. Verhaftungen wegen Sexualdelikten würden so unmöglich gemacht, hieß es von Frauenrechtsorganisationen.

Quelle: ntv.de, als/dpa/rts

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