US-Wahl 2024

Klare Niederlage gegen Trump Wie konnte das passieren, Kamala Harris?

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Kamala Harris wird nicht die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten.

Kamala Harris wird nicht die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten.

(Foto: REUTERS)

Eine Stimmung wie bei einem Begräbnis soll am Abend auf der Wahlparty von Kamala Harris geherrscht haben. Wie konnte es zu dieser deutlichen Niederlage kommen? Es gibt mehrere Erklärungen.

Sie hat es nicht geschafft: Kamala Harris ist Donald Trump in der US-Präsidentschaftswahl unterlegen. Der Republikaner setzt sich überraschend deutlich durch, das ist auch vor dem Ende der Auszählungen klar. Ihre Wahlparty ist abgesagt, sie will sich in der Wahlnacht nicht mehr äußern.

Nun drängt sich die Frage auf: Woran lag's? Die Antworten liegen relativ nahe. Sie sind seit Monaten im Gespräch - nur zeigt sich erst jetzt, was tatsächlich den Ausschlag gegeben hat. Es ist einiges zusammengekommen.

Große Unzufriedenheit mit der Regierung Biden/Harris

Dieser ist möglicherweise der wichtigste Grund für Trumps Erfolg. Joe Biden war ebenso unbeliebt, wie es in den vier Jahren vor ihm Trump als Präsident war. Etwa 55 Prozent der Amerikaner hatten eine schlechte Meinung von Biden. Nach anfänglicher Sympathie wurde er seit dem chaotischen Abzug der USA aus Afghanistan im Jahr 2021 immer unbeliebter.

Das war aber nicht der einzige Grund. Biden wurde auch die hohe Inflation angelastet, die Nahrungsmittel und Benzin ungewohnt teuer machte. Harris war als Vizepräsidentin natürlich eng mit Biden verbandelt. Hinzu kommt: Im Amt blieb sie blass, zeitweise galt sie als Fehlbesetzung. Als große Verstärkung an der Seite Bidens erschien sie nie.

Die große Unzufriedenheit mit der Regierung zeigte sich auch in der Umfrage, ob sich das Land auf dem richtigen Weg befindet. Sie gilt als einer der wichtigsten Indikatoren für die Wahlchancen eines Präsidentschaftskandidaten. Fast zwei Drittel sagten konstant über die vergangenen Monate, das Land befinde sich auf dem falschen Weg. Es wäre für jeden Kandidaten schwer, gegen solche Werte Erfolg zu haben.

Harris musste sich also ein wenig von Biden distanzieren. Denn, noch so eine Wahlkampfweisheit, wenn eine Wahl zu einem Referendum über den Amtsinhaber gerät, hat der meist schlechte Chancen. Amtsinhaber müssen versuchen, einen scharfen Kontrast zum Herausforderer zu zeichnen. Harris als Quasi-Amtsinhaberin versuchte das und es gelang durchaus. Doch ihre Konzentration auf Abtreibung und auch Rettung der Demokratie drang letztlich nicht so durch wie Trumps Botschaft.

Wirtschaft war wichtiger als Abtreibung

Die Wirtschaft ist immer eins der wichtigsten Wahlkampfthemen, wenn nicht das wichtigste. Mit dem Wahlkampfslogan "It's the economy, stupid" gewann schon Bill Clinton seine erste Präsidentschaft.

Im Guten wie im Schlechten wird die wirtschaftliche Situation den Präsidenten angelastet, auch wenn ihr Einfluss begrenzt ist. Dabei ist Bidens Bilanz gar nicht so übel - nur die meisten Menschen spüren das nicht im Portemonnaie oder trauen ihm trotz allem nicht zu, noch mehr zu erreichen.

Trump dagegen schon. Er bläute den Wählern ein, unter ihm sei es ihnen besser gegangen. Inwiefern das sein Verdienst war, steht auf einem anderen Blatt. Aber sein Image als erfolgreicher Businessman half ihm. Auch wenn viele seine Wähler einräumen, ihn als Typ nicht zu mögen.

In wirtschaftlichen Fragen konnte Harris sich nicht besonders profilieren. Das Thema Abtreibung war ihr Wahlkampfschlager. Damit mobilisierte sie vor allem viele Frauen. Doch offenbar reichte das nicht aus für eine "winning message", also, frei übersetzt, ein Gewinner-Wahlprogramm.

Trump besetzte das Thema Einwanderung

Neben der Wirtschaft war Einwanderung ein Top-Thema des Wahlkampfs. Trump setzte voll darauf, schürte Ängste vor kriminellen Ausländern und versprach Massenabschiebungen. Ähnlich wie Europa erleben die USA einen hohen Einwanderungsdruck, an ihrer Grenze zu Mexiko. Präsident Biden hatte Harris damit beauftragt, die Ursachen für die Migration aus Lateinamerika zu bekämpfen. Das war ein Himmelfahrtskommando, kein Politiker ist dazu allein in der Lage. Trump stellte sie daraufhin als Grenzbeauftragte dar, die komplett gescheitert sei. "Trump wird es reparieren" ("Trump will fix it") wurde auch dadurch zu einem zugkräftigen Slogan.

Zu spät eingestiegen

An diesen Punkt denkt man vielleicht zuerst - und er spielte sicher eine Rolle. Erst Anfang August stieg Harris ins Rennen ein, kurz nachdem Biden sich zurückgezogen hatte. Nach dem Attentat auf Trump am 13. Juli lag der Demokrat weit hinter Trump in den Umfragen zurück und hatte sich im ersten TV-Duell blamiert. Normalerweise durchlaufen die Bewerber um eine Kandidatur einen langen Vorwahlkampf. Das ist vor allem eine Bewährungsprobe. Zugleich stellen sich die Kandidaten den Wählern vor.

Das war ein Problem für Harris. Ihre eigene Kandidatur 2019 war ein Rohrkrepierer. Als Vizepräsidentin war sie im Hintergrund geblieben. So hatten viele Wähler das Gefühl, sie noch nicht richtig zu kennen. Zugleich wurde ihr vorgeworfen, ihre Positionen zu oft gewechselt zu haben. Harris surfte dennoch gleich auf einer Euphoriewelle und holte rasant in den Umfragen auf. Das war ein bemerkenswerter Erfolg - es blieb aber in den Umfragen immer bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen, zuletzt mit leichten Vorteilen für Trump.

Falscher Vizekandidat?

Harris wählte den Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, zu ihrem Vizekandidaten - der ehemalige Lehrer und Football-Trainer kam im eigenen Lager gut an. Dennoch wurde damals schon geunkt, ob sich das nicht rächen könnte. Ob es nicht besser gewesen wäre, Josh Shapiro, den Gouverneur von Pennsylvania, auszuwählen. Der, so hieß es, könnte ihr eher helfen, seinen wahlentscheidenden Heimatstaat zu gewinnen. Jetzt können diese Kritiker sagen: "Seht ihr, wir haben es doch gesagt." Aber ob das wirklich einen Unterschied gemacht hätte, bleibt letztlich Spekulation, zumal alle Swing States an Trump gingen.

USA noch nicht bereit für eine schwarze Frau?

Auch das könnte ein Grund sein. Die USA sind ein konservativ geprägtes Land. Fakt ist, dass in den USA noch nie eine Frau die Wahl zum höchsten Staatsamt gewann. Für einen Teil des Landes könnte das - bewusst oder unbewusst - eine Rolle gespielt haben. Trump setzte darauf, als starker Mann aufzutreten, der es schon richten wird. Das entspricht alten Rollenbildern über Männer. Harris hatte diesen Bonus nicht. Auch Rassismus ist in den USA ein Dauerthema - die Frau mit der indischen Mutter und dem jamaikanischen Vater könnte manchem Wähler fremd geblieben sein, weil sie eine andere Hautfarbe hat. Das könnte sie tatsächlich einige Stimmen gekostet haben.

Quelle: ntv.de

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