Politik

Abwurf über Afghanistan USA zünden "Mutter aller Bomben"

88767c26f851fdeb41837611649eca27.jpg

Verheerende Sprengkraft: Eine Moab-Bombe auf einer US-Luftwaffenbasis (Archivbild).

(Foto: AP)

Luftschlag in Afghanistan: Das US-Militär greift im Kampf gegen IS-Anhänger zur schwersten nicht-nuklearen Bombe aus US-Beständen. Das Pentagon bestätigt den Abwurf einer sogenannten Moab-Bombe. Erstmals überhaupt kommt einer dieser rund neun Tonnen schweren Sprengkörper zum Einsatz.

Das US-Militär greift im Kampf gegen IS-Dschihadisten zu einer monströsen Waffe: Im Osten Afghanistans haben Spezialeinsatzkräfte der US-Luftwaffe Medienberichten zufolge gegen 7.00 Uhr Ortszeit (16.30 Uhr MESZ) eine Bombe vom Typ "GBU-43/B" abgeworfen, die über enorme Sprengkraft verfügen soll.

RTR7LD3.jpg

Die "Mutter aller Bomben": Hier Aufnahmen von einem Testabwurf aus dem Jahr 2003.

(Foto: REUTERS)

Erstmals überhaupt sei damit die schwerste nicht-nukleare Bombe aus US-Beständen unter Gefechtsbedingungen zum Einsatz gekommen, berichtete CNN. Der Sender berief sich auf Informanten im US-Militär, die den Einsatz unabhängig voneinander bestätigt hätten.

Das Pentagon bestätigte die Angaben. Durch den Abwurf der riesigen Bombe sollte "die Gefahr für die amerikanischen und afghanischen Soldaten in der Region minimiert und der Schaden bei den Terroristen maximiert werden", hieß es in einer offiziellen Mitteilung.

"Wir haben die großartigsten Streitkräfte der Welt", sagte US-Präsident Donald Trump in einer ersten Reaktion zum Abwurf einer sogenannten Moab-Bombe in Afghanistan. "Das war ein weiterer erfolgreicher Job." Auf die Frage, ob er den Luftschlag persönlich angeordnet habe, sagte Trump wörtlich: "Wir haben ihnen die totale Freigabe erteilt."

Trump äußert sich zum Abwurf

Bei CNN hieß es allerdings, der Einsatz der größten konventionellen US-Bombe sei nicht vom US-Präsidenten, sondern von US-General John Nicholson angeordnet worden. Nicholson ist derzeit Kommandeur der US-Streitkräfte in Afghanistan.

Trump nutzte die Fragen der Reporter zur Bombe bei einem Fototermin im Weißen Haus dazu, auf die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit hinzuweisen. "Wenn Sie sich anschauen, was in den letzten acht Wochen passiert ist, und das mit den Ereignissen der vergangenen acht Jahren vergleichen, dann sehen Sie - da ist ein gewaltiger Unterschied. Wir waren sehr erfolgreich."

Einsatz im Grenzgebiet

Ziel des Luftschlags waren nach Angaben des US-Militärs nicht afghanische Taliban, sondern Anhänger des "Islamischen Staates" (IS) im Osten des Landes. Die IS-Kämpfer hätten sich dort in unterirdische Tunnelbauten zurückgezogen. Die Abwurfstelle liegt im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar östlich der afghanischen Hauptstadt Kabul. Das Einsatzgebiet liegt unweit der pakistanischen Grenze.

24431337242_839c8f720a_o.jpg

"Hercules"-Transporter auf der US-Basis Bagram in Afghanistan (Archivbild): Die abgeworfene Bombe ist zu groß und zu schwer für US-Bomber.

(Foto: U.S. Air Force photo / Tech. Sgt. Robert Cloys)

Dort soll es am vergangenen Wochenende zu Gefechten gekommen sein, bei denen ein US-Soldat im Einsatz gegen die Dschihadisten getötet wurde. Von Achin bis zur Provinzhauptstadt Dschalalabad sind es Luftlinie rund 40 Kilometer. Berichte über etwaige Opfer am Boden lagen zunächst nicht vor. Das US-Militär werte derzeit noch die Berichte über die Schäden aus, hieß es.

"Dies ist die richtige Munition"

Abgeworfen wurde die riesige Bombe von einer speziell umgebauten Frachtmaschine vom Typ C-130 "Hercules". Die Verluste des IS in der Region hätten zuletzt zugenommen, erklärte US-General Nicholson. Deshalb hätten die Dschihadisten ihre Verteidigungsstellungen mit versteckten Sprengfallen, Bunkern und Tunneln ausgebaut. "Dies ist die richtige Munition, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen und das Momentum unserer Offensive gegen den IS zu erhalten", zitiert das Pentagon Nicholson.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, ergänzte, den IS-Kämpfern in der Region müsse der Raum für ihre Einsätze abgeschnitten werden, "was wir getan haben". Die USA haben rund 8400 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Sie unterstützen die dortigen Regierungstruppen im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban sowie gegen den IS. Die Bundeswehr ist im Rahmen der Nato-Mission "Resolute Support" derzeit mit knapp 930 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die deutschen Einheiten sind vorwiegend im Norden des Landes stationiert.

Grundsätzlich haben sich die Regeln für US-geführte Luftangriffe gegen den IS jedoch nicht geändert, wie der US-General Rick Uribe in Bagdad sagte. Der Regierungswechsel in Washington habe keine Folgen für die geltenden Einsatzrichtlinien gehabt. US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf unter anderem auch behauptet, er habe einen geheimen Plan für die Vernichtung der Dschihadistenmiliz in der Schublade. Seit seinem Amtsantritt warten Beobachter auf Erläuterungen, wie genau er im Kampf gegen den IS vorgehen will.

Tödliche Druckwelle

Bei der eingesetzten Bombe handelt es sich um einen knapp zehn Meter langen und rund 9,5 Tonnen schweren Sprengkörper, der GPS-gesteuert ins Ziel gelenkt werden kann. Entwickelt wurde die Waffe während des Irak-Krieges, wurde seitdem aber noch nie in Kampfhandlungen eingesetzt.

In Fachkreisen ist der Bombentyp auch unter dem Kürzel MOAB bekannt. Offiziell steht die Abkürzung für "Massive Ordnance Air Blast" (deutsch etwa: Massive Druckwellenwaffe). Umgangssprachlich wurde daraus der Spitzname "Mother Of All Bombs" ("Mutter aller Bomben") abgeleitet. Experten vergleichen die Sprengkraft mit der Wirkung von etwa elf Tonnen herkömmlichen TNTs.

Bei der Detonation dieser "Mutter aller Bomben" entsteht durch die Zündung einer großen Menge hochexplosiven Sprengstoffs eine gewaltige Druckwelle, die für Menschen in weitem Umkreis tödlich ist. Die Schockwelle ist nach Angaben des US-Militärs auch geeignet, geschützte Stellungen wie etwa Bunker zu zerstören, Truppenansammlungen zu vernichten oder unterirdische Stollenanlagen einzudrücken.

Die US-Bombe wurde nach Angaben der US-Luftwaffe zuletzt im Jahr 2003 getestet. Bei der Explosion auf einem Testgelände sei eine gewaltige pilzförmige Wolke aufgestiegen, hieß es, die noch aus 32 Kilometer Entfernung zu sehen gewesen sei.

Russland lädt zur Afghanistan-Konferenz

Der Einsatz der überschweren US-Bombe fällt zeitlich mit einer neuen diplomatischen Initiative zusammen: Russland richtet an diesem Freitag eine internationale Afghanistan-Konferenz mit Staaten der Region aus. Ziel des Treffens ist es, Gespräche zwischen den radikalislamischen Taliban und der afghanischen Regierung in Gang zu bringen.

Vertreter von Nato-Staaten oder der Vereinten Nationen sind nicht beteiligt. Bisher scheiterte ein Friedensprozess in dem seit Jahrzehnten von Gewalt erschütterten Afghanistan an der mangelnden Bereitschaft der Taliban, mit Kabul zu verhandeln. Das Auswärtige Amt in Berlin hob zuletzt hervor, dass das internationale Engagement in Afghanistan nur dann zu dauerhafter Stabilität beitragen könne, wenn endlich ein Friedensprozess in Gang komme.

Damit die Taliban bereit seien, auf den militärischen Kampf zu verzichten, "muss die ausländische Unterstützung für sie aufhören", hieß es aus Berlin. Zuletzt hatte es Vorwürfe der Nato und der USA gegeben, dass Russland die Taliban unterstützt. Moskau hatte dies zurückgewiesen.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen