Freiheitspreis für Putin-Gegner Warum Kasparow nie mit Fremden Tee trinkt
04.05.2023, 19:07 Uhr Artikel anhören
"Der inoffizielle Oppositionsführer Russlands im Exil" heißt es in der Laudatio über Kasparow.
(Foto: picture alliance / SVEN SIMON)
Am Tegernsee erhält der russische Regierungskritiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow den "Freiheitspreis der Medien". Nebenbei verrät der 60-Jährige, wie er es schafft, als Putin-Gegner am Leben zu bleiben. Ganz sicher fühlt er sich trotzdem nie.
Der russische Regierungskritiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow versucht, Angst vor einem Anschlag nicht an sich heranzulassen. "Was kann man denn machen? Im Grunde genommen nichts", sagte der 60-Jährige beim Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund am Tegernsee, wo er mit dem "Freiheitspreis der Medien" ausgezeichnet wurde. Die Frage nach dieser Angst sei "sehr schmerzhaft" - vor allem, wenn er an seine Frau und seine Kinder denke. Bei großen Veranstaltungen achte er darauf, dass jemand auf ihn aufpasse, sagte Kasparow. "Und ich trinke keinen Tee mit Fremden." Auf den inzwischen inhaftierten Putin-Kritiker Alexej Nawalny war 2020 ein Anschlag mit vergiftetem Tee verübt worden.
Kasparow sei "einer der prominentesten Oppositionsaktivisten Russlands, der mit seinem mutigen Einsatz für Frieden und Demokratie sein Leben riskiert", hieß es in der Begründung der Jury, die ihn als "lautstarken Kritiker Putins und Verfechter eines gewaltfreien Widerstands" und "inoffiziellen Oppositionsführer Russlands im Exil" würdigte. Es gab langen Applaus für den Preisträger. Es sei keine Zeit zu feiern, sagte Kasparow. "Wir haben den tragischsten Moment in der Weltgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg", betonte er. Der russische Angriff betreffe nicht nur die Ukraine. "Es ist ein globaler Kampf."
Preis für die tapfere demokratische Opposition in Russland
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes, Nicola Beer, nannte Kasparow einen Helden im Kampf für Freiheit und Demokratie. "Wir verneigen uns." Er sei ein "Leuchtturm der Hoffnung" und erhalte den Preis stellvertretend für alle russischen Freiheitskämpfer.
Der Preis des von der Weimer Media Group (WMG) veranstalteten Gipfels sei der "tapferen demokratischen Opposition in Russland gewidmet" und werde an Kasparow stellvertretend "für alle Menschen verliehen, die für eine Zukunft Russlands in Frieden, Freiheit und Demokratie eintreten und dabei oftmals ihr Leben riskieren", hieß es in der Jurybegründung weiter.
Der Preis wird in diesem Jahr zum neunten Mal verliehen. Er soll Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ehren, die sich in besonderer Weise für die freie Meinungsäußerung, das gesellschaftliche Miteinander, den politischen Dialog und die Demokratie einsetzen. Im vergangenen Jahr ging er an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und die russische Journalistin Marina Owsjannikowa.
Quelle: ntv.de, mau/dpa