Politik

Gegen Trump fast chancenlos Warum tut sich Nikki Haley das noch an?

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
449036113.jpg

Nur noch zwei republikanische Bewerber um die US-Präsidentschaftskandidatur sind übrig. Donald Trump spaziert in Richtung Sieg, Nikki Haley wird sogar in ihrem Heimat-Bundesstaat verschmäht. Doch sie hat wohl andere Pläne.

Ziemlich unangenehm muss für Nikki Haley der 6. Februar gewesen sein. In der republikanischen Vorwahl im Bundesstaat Nevada entschieden sich 30,8 Prozent für sie. Aber 62,9 Prozent votierten lieber für "keinen von diesen Kandidaten". Donald Trumps Name stand nicht auf dem Wahlzettel. Danach spottete ihr Ex-Chef: "Passt auf, bald wird sie den Sieg beanspruchen!" Haley hat drei Vorwahlen in Folge verloren, bislang ist sie keine wirkliche Herausforderin für ihn geworden. Es sieht nicht danach aus, als würde sich das noch ändern. Bei den anderen republikanischen Bewerbern ohnehin nicht, denn die sind längst frustriert ausgestiegen.

Niemand, vermutlich nicht einmal Haley selbst oder ihre Wahlkämpfer glauben wirklich daran, dass sie noch eine Chance gegen ihren Ex-Chef hat. Trotzdem wiederholt sie überall ihre Forderung nach "einer neuen Generation von Anführern", lästert über die mürrischen alten Männer ("grumpy old men") Trump und Präsident Joe Biden, während sie mit einem Bus teils zu mehreren Wahlkampfterminen täglich durch ihren Heimat-Bundesstaat South Carolina fährt. Doch selbst dort, wo die Republikaner am 24. Februar abstimmen, wird eine Mehrheit Haley voraussichtlich ablehnen. Trump führt in Umfragen mit 30 Prozent Vorsprung. Warum tut sie sich das an?

Auf Tour: Der Bus, mit dem die Republikanerin durch die Orte tingelt, fährt durch Myrtle Beach.

Auf Tour: Der Bus, mit dem die Republikanerin durch die Orte tingelt, fährt durch Myrtle Beach.

(Foto: AP)

Letztlich kommt es ihr wohl darauf an, weiter präsent zu sein - und sich trotzdem mittel- bis langfristig für das Weiße Haus zu empfehlen. Auf ihren Konkurrenten kommen höchst turbulente Monate an mehreren Gerichten des Landes zu, falls ihm der Supreme Court nicht noch einen Blankoscheck in Form von Immunität verleiht.

In Lauerposition

Haley könnte erstens darauf setzen, dass Trump aus dem Wahlkampf aussteigen muss oder es ihm verboten wird, anzutreten. Sie wäre die einzige andere Bewerberin und bekäme höchstwahrscheinlich die Kandidatur der Republikaner zugesprochen. Niemand, wohl auch sie nicht, will sich vorwerfen lassen, ungezwungen zu früh aufgegeben und eine historische Chance verpasst zu haben.

Wer weiß, was die Financiers ihres Wahlkampfs, unter anderen die einflussreiche Unternehmerfamilie Koch, die sich von Trump losgesagt haben, im Hintergrund an Haley kommunizieren. Es gibt offenbar nicht wenige konservative Geldgeber, die wollen, dass die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen im Rennen gegen Trump bleibt. Ansonsten wäre ihr möglicherweise bereits das Geld ausgegangen.

Eine zweite Möglichkeit ist, dass die 52-jährige Haley auf noch längere Sicht plant. Sollte Trump bei der Wahl im November deutlicher gegen Präsident Joe Biden verlieren als 2020, stünde sie blendend da. Als "Ich habe es euch ja gesagt"-Figur könnte Haley danach die logische Anführerin werden und sich aus einer Position der Stärke heraus um die Kandidatur 2028 bewerben. Auch wenn Trump tatsächlich wieder ins Weiße Haus einziehen sollte, kann sie es erneut versuchen. Trump dürfte nach zwei Amtszeiten als Präsident nicht wieder antreten.

In mehreren Prozessen muss sich der Ex-Präsident verteidigen. Zwei davon könnten bei einem Urteil gegen ihn dazu führen, dass er nicht mehr als Präsident vereidigt werden darf: Einer in Washington D.C., bei dem ihm die Beteiligung am Aufstand vorgeworfen wird, und der andere über die illegal gelagerten Geheimdokumente an seinem Wohnort Mar-a-Lago in Florida. Im Bundesstaat Georgia könnte ein Gericht ihn zudem wegen versuchter Wahlmanipulation zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilen. Trump versucht, die Prozesse mit allen Mitteln herauszuzögern.

Zumindest aktuell sagt ein potenziell entscheidender Anteil republikanischer Wähler, sie würden im November nicht für Trump stimmen, würde er verurteilt. Zudem schneidet Haley in Umfragen zu einem möglichen Duell gegen Biden einen Tick besser ab als Trump. Das ist zum Teil organisiert: Weibliche Wähler sind wesentlich skeptischer gegenüber Trump als männliche, und Haley hat eigenen Angaben zufolge Tausende Frauen in den Vorstädten, wegen derer Trump 2020 gegen Biden verloren hatte, für sich mobilisiert. 4500 Wahlkampfhelferinnen in allen Bundesstaaten sollen Republikaner und andere davon überzeugen, für Haley zu stimmen.

Für Haley ist Trump ein Verlierer

Haley versuchte sich in den vergangenen Wochen mit einer anderen Taktik von Trump abzusetzen: Sie hat ihren Ton drastisch verschärft und attackiert Trump immer wieder. Sie stellt etwa Trumps geistige Fitness wegen dessen Alter infrage, beschreibt ihn als unsicheres Kleinkind mit Wutanfällen, nennt ihn feige, weil er sich keiner Fernsehdebatte stellen will, und beschuldigt ihn dafür, die vergangenen Wahlniederlagen der Republikaner verursacht zu haben: "Alles, was er getan hat, ist totales Chaos", tönte sie. "Was er auch anfasst, verliert er."

Dabei hatte Haley zuvor jahrelang bei jeder Frage zum Ex-Präsidenten herumgeeiert, sagte fast nie etwas Negatives über Trump. Zu dessen Lügen über angebliche Wahlfälschung der Demokraten (die es nie gegeben hat), entgegnete sie, dass Trump nun einmal felsenfest glaube, dass er um den Wahlsieg betrogen worden sei. Die indirekte Botschaft: Trump sei kein schlechter Mensch. Haley war nach ihrem knappen Jahr als US-Vertreterin bei den Vereinten Nationen eine der wenigen von Trumps Regierung in exponierter Position, die im Guten ging. Andere hatte der Präsident meist öffentlich diffamiert, bevor er sie feuerte und ersetzte.

Mehr zum Thema

Jetzt sind "Ständig Ausgeschlossen"-T-Shirts ("barred permanently") garniert mit Nikki Haleys Namen laut ihres Wahlkampfteams ein Verkaufshit. Trump hatte getönt, jeder, der für ihren Wahlkampf spende, werde eben dies: von Trumps Welt ausgeschlossen. Haley betonte in einem Interview, sie sehe sich nicht als neue Anführerin der "Never Trumper" bei den Republikanern; also solcher Konservativer, die den Ex-Präsidenten ablehnen, die Partei aber nicht aufgeben wollen. "Unser Ziel ist, allen zu dienen", sagte sie zuletzt versöhnlich auf eine entsprechende Frage bei einer Veranstaltung in South Carolina.

Haley hat angekündigt, dass sie mindestens bis zum "Super Dienstag am 5. März dabei bleiben will, wenn in 15 Bundesstaaten republikanische Vorwahlen abgehalten werden. Ob das nach einer krachenden Niederlage in ihrem Heimatbundesstaat South Carolina an diesem Wochenende noch immer so sein wird? "Nur ein Vogelhirn würde noch in diesem Rennen bleiben", lästerte Trumps Pressesprecherin. Trump werde Haley in ihrem eigenen Vorgarten "vernichten" und danach "am Super Tuesday demolieren". Für ihn mag das wichtig sein. Für Haley zählt wohl eher die Zukunft.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen